05.06.2025
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Klausel in einem Vertrag über die Vermittlung eines Studienplatzes unwirksam ist, nach der die volle Vergütung bereits mit der Zusage des Studienplatzes durch die Universität gezahlt werden muss (Urt. v. 05.06.2025, Az. I ZR 160/24).
Die Klägerin vermittelt deutschen Studienbewerbern Plätze in medizinisch-pharmazeutischen Studiengängen an ausländischen Universitäten. Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Vermittlung eines Medizinstudienplatzes an der Universität Mostar/Bosnien. Die Vermittlungsbedingungen enthalten folgende Regelung: "Erhält der Studienbewerber einen Studienplatz unter Mitwirkung der Klägerin, zahlt der Studienbewerber an die Klägerin ein Erfolgshonorar (netto) in Höhe einer Jahresstudiengebühr der jeweiligen Universität für den beauftragten Studiengang." In der Folge erklärte der Beklagte, er nehme Abstand vom Vertrag. Die Klägerin macht geltend, die Universität Mostar habe den Beklagten zuvor bereits zum Studium zugelassen. Die Pflicht zur Zahlung des Vermittlungshonorars bestehe unabhängig davon, ob der Beklagte das Studium dort auch aufnehme.
Das Landgericht München II (Urt. v. 24.07.2023, Az. 2 O 3233/22) hat die Klage auf Zahlung des Erfolgshonorars abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht München (Urt. v. 05.08.2024, Az. 36 U 3263/23 e) zurückgewiesen. Ein Provisionsanspruch der Klägerin bestehe nicht, weil die Honorarvereinbarung den Beklagten unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Honoraranspruch weiter.
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung eines Erfolgshonorars für die Vermittlung eines Studienplatzes zusteht.
Die Vereinbarung des Erfolgshonorars in den Vermittlungsbedingungen der Klägerin unterliegt als Allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Die gesetzliche Regelung, deren wesentlicher Grundgedanke für die gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorzunehmende Inhaltskontrolle der Vermittlungsbedingungen maßgeblich ist, ist im Streitfall dem Maklerrecht (§§ 652 ff. BGB) zu entnehmen. Die Vermittlungsvereinbarung weist zwar auch dienstvertragliche Elemente auf, wie etwa die Organisation der Bewerbung und das Angebot eines Vorbereitungskurses. Im Schwerpunkt liegt aber ein Maklervertrag vor, weil die Vermittlung eines Studienplatzes im Vordergrund steht und lediglich durch Serviceleistungen ergänzt wird.
Zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen zum Maklervertrag gehört, dass der Auftraggeber den Maklerlohn nur beim Zustandekommen des vom Makler nachgewiesenen oder vermittelten Vertrags zahlen muss (§ 652 Abs. 1 Satz 1 BGB) und zum Abschluss dieses Vertrags nicht verpflichtet ist. Damit ist die in der Vermittlungsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung zur Zahlung der vollen Erfolgsvergütung bereits mit der Zusage des Studienplatzes durch die Universität unvereinbar, durch die sich der Bewerber zudem zur Annahme des Studienplatzes gedrängt sehen kann. Da im Streitfall auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich ist, das Risiko des Nichtzustandekommens eines Studienplatzvertrags zwischen dem Bewerber und der Universität abweichend vom gesetzlichen Leitbild dem Auftraggeber aufzuerlegen, benachteiligt die Honorarvereinbarung den Beklagten unangemessen und ist daher unwirksam.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 307 InhaltskontrolleQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 106/2025 vom 05.06.2025
Druckansicht weniger Information23.04.2025
Der BGH hat entschieden, dass sich - bei Fehlen eines schriftlichen Energieversorgungsvertrags - das Leistungsangebot eines Strom- und Gasversorgungsunternehmens an den Vermieter (Eigentümer) - und nicht, wie sonst regelmäßig der Fall, an den Mieter - einer Wohnung richtet, wenn die einzelnen Zimmer der Wohnung durch separate Mietverträge vermietet sind, die Wohnung aber lediglich über einen Zähler für Strom und Gas verfügt (Urt. v. 23.04.2025, Az. VIII ZR 300/23).
Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, nimmt die beklagte Vermieterin auf Zahlung von Entgelt für die Belieferung mit Strom und Gas im Rahmen der Grundversorgung in Anspruch. Die Zimmer der Wohnung waren einzeln mit gesonderten Mietverträgen über unterschiedliche Laufzeiten vermietet, wobei sämtlichen Mietern das Recht zur Nutzung der Gemeinschaftsräume wie Küche und Bad eingeräumt wurde. Nur die Wohnung, nicht hingegen die einzelnen Zimmer, verfügte über einen Zähler für Strom und Gas und wurde von der Klägerin mit Strom und Gas beliefert. Ein schriftlicher Energieversorgungsvertrag bestand nicht. Die Parteien streiten darüber, ob ein durch die Entnahme von Strom und Gas konkludent zustande gekommener Versorgungsvertrag mit der Vermieterin (Eigentümerin) oder mit den Mietern besteht.
Die auf Zahlung der Versorgungsentgelte für einen Zeitraum von fünf Jahren gerichtete Klage hat das Amtsgericht Kiel (Urt. v. 12.01.2021, Az. 110 C 190/19) abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht Kiel (Urt. v. 28.11.2023, Az. 1 S 23/21) das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Der unter anderem für das Energielieferungsrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass unter den hier gegebenen Umständen ein Versorgungsvertrag mit der beklagten Vermieterin (Eigentümerin) der Wohnung besteht. Entgegen der Ansicht der Revision war das in der Bereitstellung von Strom und Gas liegende (konkludente) Angebot der Klägerin weder an die Mieter der einzelnen Zimmer noch an die Gesamtheit der Mieter gerichtet. Zwar haben allein die Mieter Einfluss auf den Strom- und Gasverbrauch in der Wohnung. Jedoch lässt sich dieser Verbrauch - mangels separater Zähler - nicht den einzelnen vermieteten Zimmern zuordnen. Auch haben die einzelnen Mieter bei objektiver Betrachtung typischerweise kein Interesse daran, auch für die Verbräuche der anderen Mieter einzustehen. Der Umstand, dass sich das konkludente Angebot des Energieversorgungsunternehmens daher an die Vermieterin richtete, ist Folge des von ihr gewählten besonderen Vermietungskonzepts.
Auszug aus der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV)
§ 2 VertragsschlussAuszug aus der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV)
§ 2 VertragsschlussQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 079/2025 vom 23.04.2025
Druckansicht weniger Information28.03.2025
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute entschieden, dass es im Landesnachbarrecht keine allgemeine, von der konkreten Ausgestaltung im Landesnachbargesetz unabhängige Höhenbegrenzung für Hecken gibt (Urt. v. 28.03.2025, Az. V ZR 185/23).
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Hessen. Auf dem Grundstück der Beklagten befindet sich seit den 1960er Jahren entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Aufschüttung, die durch eine 28 m lange Mauer aus Betonprofilen (L-Steinen) abgestützt wird. Im Jahr 2018 pflanzte die Beklagte auf der Aufschüttung Bambus an und verbaute zum klägerischen Grundstück hin eine Rhizomsperre. Der Bambus hat zwischenzeitlich eine Höhe von mindestens sechs bis sieben Metern erreicht.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger – soweit noch von Interesse – den Rückschnitt des Bambus auf eine Wuchshöhe von drei Metern, gemessen vom Bodenniveau des klägerischen Grundstücks. Das Landgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 19.05.2022, Az. 2-32 O 8/22) hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 16.08.2023, Az. 17 U 132/22) sie abgewiesen, und zwar auch hinsichtlich des von dem Kläger im Berufungsverfahren zusätzlich gestellten Antrags, die Beklagte zu verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, den Bambus über eine Wuchshöhe von drei Metern, gemessen vom Geländeniveau des Klägers, hinauswachsen zu lassen. Mit der von dem Bundesgerichtshof insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die zuletzt gestellten Klageanträge weiter.
Der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH hat das Berufungsurteil im Ergebnis wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde:
Hält ein Grundstückseigentümer bei einer Anpflanzung die im Landesnachbarrecht vorgeschriebenen Grenzabstände nicht ein, kann dem Nachbarn aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der sich daraus für ihn ergebenden Eigentumsbeeinträchtigung zustehen, der regelmäßig durch den Rückschnitt der Pflanzen zu erfüllen ist. Für Hecken sieht § 43 Abs. 2 des hessischen Nachbarrechtsgesetzes (NachbG HE) einen solchen Rückschnittanspruch ausdrücklich vor; dass auch der Bambus eine Hecke bilden kann, entspricht allgemeiner Ansicht, da es auf die botanische Zuordnung zu den Gehölzen insoweit nicht ankommt.
Allerdings macht das hessische Nachbarrecht Höhenvorgaben für Hecken nur für den Bereich bis zu 0,75 Metern von der Grundstücksgrenze. Nach § 39 Abs. 1 NachbG HE ist bei dem Anpflanzen lebender Hecken mit bis zu 1,2 m Höhe ein Abstand von 0,25 m, mit bis zu zwei Metern Höhe ein Abstand von 0,5 m und mit über zwei Metern Höhe ein Abstand von 0,75 m von dem Nachbargrundstück einzuhalten.
Eine allgemeine, von diesen Vorgaben unabhängige Höhenbegrenzung kann auch nicht, wie noch von dem Landgericht in erster Instanz angenommen und teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertreten, aus dem Begriff der Hecke abgeleitet werden. Dem Begriff der Hecke im Sinne der Landesnachbargesetze ist eine Höhenbegrenzung nicht immanent. Entscheidend für die Einordnung als Hecke ist vielmehr, ob die Anpflanzungen im Einzelfall nach dem äußeren Erscheinungsbild bei einer natürlichen Betrachtungsweise einen geschlossenen Eindruck als Einheit mit einem Dichtschluss sowie einer Höhen- und Seitenbegrenzung vermitteln. Gegen die Annahme einer begrifflichen Höhenbegrenzung für Hecken spricht bereits der allgemeine Sprachgebrauch. Nach diesem werden Hecken eher funktionell durch die von ihnen erzielte Abgrenzungs- und Schutzfunktion definiert, ohne diese Funktionen zugleich mit einer Höhenbegrenzung in Verbindung zu bringen. Auch systematisch wäre es nicht überzeugend, wenn eine Hecke, die über eine bestimmte Höhe hinauswächst, nicht mehr als Hecke, sondern als Solitärgewächs behandelt und den insoweit geltenden Abstandsvorschriften unterworfen werden müsste. Die Annahme, es bestehe dann ein Anspruch darauf, die nunmehr aufgrund ihrer Höhe als Solitärgewächs anzusehende Anpflanzung auf eine Höhe zurückzuschneiden, bei der sie wieder als Hecke anzusehen ist, wäre zudem zirkulär.
Vor allem aber widerspräche es der Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgeber und Gerichten, in ein Landesnachbargesetz, das – wie hier § 39 NachbG HE – ab einem bestimmten Grenzabstand keine Vorgaben für die zulässige Höhe einer Hecke macht, eine solche Höhenbegrenzung – etwa auf drei Meter – durch ein bestimmtes Verständnis des Begriffs der Hecke hineinzulesen. Aufgrund der Gewaltenteilung ist es vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, eine Höhenbegrenzung oder weitergehende Abstandsvorschriften für hochwachsende Hecken im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative festzulegen. Davon haben einige Landesgesetzgeber auch Gebrauch gemacht; dass der hessische Landesgesetzgeber eine andere Regelung getroffen hat, haben die Gerichte zu respektieren. Etwaigen Härten infolge von besonderen Umständen des Einzelfalls kann unter Rückgriff auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis Rechnung getragen werden. Mit Hilfe dieser Rechtsfigur können allerdings nur ungewöhnlich schwere und nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks, die von einer hohen Hecke ausgehen, abgewehrt werden.
Das Berufungsurteil war aber deshalb aufzuheben, weil seine Feststellung, die mindestens sechs bis sieben Meter hoch gewachsene Bambushecke wahre den nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 NachbG HE einzuhaltenden Grenzabstand von 0,75 m, von einem Verfahrensfehler beeinflusst ist. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger die Einhaltung des vorgeschriebenen Grenzabstandes zugestanden habe. Das Berufungsgericht wird daher nunmehr Feststellungen zum Abstand der Hecke von der Grenze zu treffen haben.
Für den Fall, dass die Hecke den Grenzabstand von 0,75 m unterschreiten sollte, war die umstrittene Rechtsfrage zu klären, von wo aus die Höhe zu messen ist, wenn die Hecke – wie hier – auf einem höher gelegenen Grundstück angepflanzt ist. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage dahin beantwortet, dass, wenn eine Hecke auf einem Grundstück gepflanzt wird, das höher liegt als das Nachbargrundstück, die nach § 39 Abs. 1 NachbG HE zulässige Heckenhöhe grundsätzlich von der Stelle aus zu messen ist, an der die Anpflanzungen aus dem Boden austreten. Durch die gegenteilige Sichtweise würden die Rechte des Eigentümers aus den §§ 903, 905 BGB nicht angemessen berücksichtigt. Ein Messpunkt auf dem tiefer gelegenen Grundstück hätte zur Folge, dass die Bepflanzung auf dem höher gelegenen Grundstück stets niedriger sein müsste als die auf dem unteren Nachbargrundstück erlaubte. Bei Geländestufen von über zwei Metern wäre eine Heckenbepflanzung auf dem höher gelegenen Grundstück innerhalb eines Abstands von 0,75 m sogar gänzlich ausgeschlossen.
Der Grundsatz, dass es für die Bestimmung der zulässigen Höhe einer auf dem höhergelegenen Grundstück angepflanzten Hecke auf dessen Bodenniveau ankommt, bedarf aber einer Einschränkung bei ersichtlicher Umgehung der landesnachbarrechtlich einzuhaltenden Abstandsvorschriften. Insoweit ist der anpflanzende Grundstückseigentümer nicht schutzbedürftig. Erfolgt im zeitlichen Zusammenhang mit der Anpflanzung eine (künstliche) Erhöhung des Grundstücksniveaus im Bereich der Grundstücksgrenze, ist daher abweichend von dem genannten Grundsatz das ursprüngliche Geländeniveau maßgeblich. Das ist hier jedoch nicht der Fall, weil die Aufschüttung auf dem Grundstück der Beklagten schon vor Jahrzehnten erfolgt ist.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 1004 BGB Beseitigungs- und UnterlassungsanspruchAuszug aus dem Hessisches Nachbarrechtsgesetz (NachbG HE)
§ 38 Grenzabstände für Bäume, Sträucher und einzelne RebstöckeQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 061/2025 vom 28.03.2025
Druckansicht weniger Information14.03.2025
Der Bundesgerichtshof hat sich heute mit den wechselseitigen Ansprüchen von Grundstückseigentümer und gutgläubigem Ersteher nach rechtskräftiger Aufhebung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren befasst (Urt. v. 14.03.2025, Az. V ZR 153/23).
Der Kläger war seit 1993 als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Ab dem Jahr 2008 wurde die Zwangsversteigerung in das Grundstück betrieben. Im Jahr 2010 erhielt die Beklagte zu 1 den Zuschlag für das Grundstück und wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Zusammen mit dem Beklagten zu 2, ihrem Ehemann, ließ sie ein auf dem Grundstück befindliches Wochenendhaus abreißen und ein neues Wohnhaus errichten, das die Beklagten seit 2012 bewohnen. Zur Sicherung der für den Hausbau aufgenommenen Kredite wurde das Grundstück mit einer Grundschuld über 280.000 € nebst Zinsen belastet. Der Zuschlagsbeschluss wurde 2014 auf Betreiben des Klägers, der erst nach dem Zuschlag Kenntnis von der Zwangsversteigerung erlangt hatte, rechtskräftig aufgehoben.
Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte zu 1 auf Grundbuchberichtigung und beide Beklagten auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks, Beseitigung des Hauses, Zahlung von Nutzungsersatz und Löschung der Grundschuld in Anspruch. Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage und machen hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihnen getätigten Aufwendungen für den Hausbau geltend, die sie auf mindestens 500.000 € beziffern. Nachdem die Klage vor dem Landgericht Potsdam (Urt. v. 05.06.2020, Az. 1 O 330/14) nur teilweise Erfolg hatte, hat das Oberlandesgericht Brandenburg (Urt. v. 29.06.2023, Az. 5 U 81/20) ihr auf die Berufung des Klägers weitgehend stattgegeben. Es hat die Beklagte zu 1 zur Grundbuchberichtigung und beide Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks, Beseitigung des Wohnhauses, Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 6.041,67 € und zur Löschung der Grundschuld verurteilt. Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision haben die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Der unter anderem für Ansprüche aus Besitz und Eigentum an Grundstücken zuständige V. Zivilsenat des BGH hat der Revision der Beklagten stattgegeben und die Sache insgesamt zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
Im Ausgangspunkt trifft die Annahme des Oberlandesgerichts zu, dass dem Kläger ein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB) sowie auf Räumung (§ 1004 Abs. 1 BGB) und Herausgabe des Grundstücks (§ 985 BGB) zusteht. Er hat sein Eigentum durch den im Zwangsversteigerungsverfahren erteilten Zuschlag nicht verloren. Zwar führt der Zuschlag gemäß § 90 Abs. 1 ZVG zu einem originären Eigentumserwerb des Erstehers, hier der Beklagten zu 1. Wird der Zuschlagsbeschluss aber im Beschwerdewege rechtskräftig aufgehoben, verliert der Ersteher das Eigentum rückwirkend zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlagsbeschlusses wieder an den Schuldner, hier den Kläger; dessen Eigentum lebt wieder auf. Da ein Beschluss, mit dem ein Zuschlag aufgehoben wird, ebenso wie ein Urteil der materiellen Rechtskraft fähig ist, kommt es auf dessen Rechtmäßigkeit nicht an. Entsprechende Einwendungen können nur im Zusammenhang mit insoweit eröffneten Rechtsmitteln bzw. Rechtsbehelfen gegen den Aufhebungsbeschluss geltend gemacht werden, nicht jedoch in einem späteren Verfahren, in dem – wie hier – die rechtskräftige Entscheidung Vorfrage ist.
Beanstandet hat der Bundesgerichtshof aber, dass ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen der behaupteten Verwendungen für den Hausbau verneint worden ist; ein solches Zurückbehaltungsrecht hat zur Folge, dass die Grundbuchberichtigung sowie die Räumung und Herausgabe des Grundstücks nur Zug um Zug gegen Zahlung von Verwendungsersatz erfolgen müssen. Als rechtsfehlerhaft hat der Bundesgerichtshof auch die Verurteilung der Beklagten zum Abriss des Hauses und zur Löschung der Grundschuld angesehen.
Den Beklagten kann, anders als das Oberlandesgericht gemeint hat, ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Verwendungsersatzanspruchs aus § 996 BGB zustehen. Nach dieser Vorschrift kann der Besitzer für andere als notwendige Verwendungen Ersatz nur insoweit verlangen, als sie vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit und vor dem Beginn der in § 990 BGB bestimmten Haftung gemacht werden und der Wert der Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigentümer die Sache wiedererlangt. Nach der bisherigen und in der Rechtsliteratur seit vielen Jahren kritisierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs waren Verwendungen nur solche Vermögensaufwendungen, die der Sache zugutekommen sollen, ohne sie grundlegend zu verändern (sog. enger Verwendungsbegriff); eine nicht ersatzfähige grundlegende Veränderung sollte bei der Errichtung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück vorliegen, sofern das Grundstück fortan für einen anderen Zweck genutzt wurde. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof nun geändert, weil aus heutiger Sicht deutlich überwiegende Gründe für einen sog. weiten Verwendungsbegriff sprechen. Seiner Entscheidung zufolge stellen Vermögensaufwendungen des Besitzers, die der Sache zugutekommen, auch dann Verwendungen dar, wenn sie die Sache grundlegend verändern. Für die Rechtsprechungsänderung zugunsten eines weiten Verwendungsbegriffs spricht insbesondere der mit den §§ 994 ff. BGB verfolgte Zweck, einen gerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen von Eigentümer und gutgläubigem Besitzer herbeizuführen. Der Eigentümer wird nicht in seinem Vermögen beeinträchtigt, sondern nur in seiner Dispositionsbefugnis, weil die Ersatzpflicht im Falle des § 996 BGB nur bei einer Verkehrswerterhöhung eintritt. Zudem ist sie auf die tatsächlich aufgewendeten Kosten des Besitzers beschränkt. Demgegenüber verbliebe dem gutgläubigen und unverklagten Besitzer nach dem engen Verwendungsbegriff nur das wegen der Höhe der Abrisskosten regelmäßig wirtschaftlich wertlose Wegnahmerecht aus § 997 BGB, was eine unangemessene Härte zur Folge hätte. Unabhängig davon führt der enge Verwendungsbegriff zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten und damit zu Rechtsunsicherheit. Denn es fehlen geeignete Kriterien dafür, wann noch eine erhaltende oder verbessernde und wann bereits eine grundlegend verändernde Aufwendung vorliegt. Zudem überzeugt es nicht, die umfassende Sanierung eines bestehenden Hauses (Verwendung) anders zu behandeln als den Abriss und Neubau (keine Verwendung).
Geklärt hat der Bundesgerichtshof weiter, dass die Nützlichkeit der Verwendung im Sinne von § 996 BGB nicht deshalb verneint werden kann, weil der Kläger als der Eigentümer kein Interesse an dem Haus hat. Für die Nützlichkeit einer Verwendung ist, wie sich aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes ergibt, allein die objektive Verkehrswerterhöhung der Sache maßgeblich. Auf den subjektiven Wert für den Eigentümer kommt es nicht an.
Der Kläger kann von den Beklagten auch nicht den Abriss des Wohnhauses verlangen. Ein Anspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des Resultats der Verwendungen gegen einen redlichen Besitzer wie die Beklagten ist nämlich ausgeschlossen. Das Verhältnis von Beseitigungs- und Verwendungsersatzanspruch ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. § 993 Abs. 1 Halbs. 2 BGB lässt sich aber im Zusammenspiel mit § 989 BGB entnehmen, dass der gutgläubige und nicht verklagte Besitzer als besonders schutzwürdig angesehen wird, weil er nicht zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet und ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften ausgeschlossen ist. Diese Wertung muss hier beachtet werden; auch wenn § 1004 Abs. 1 BGB kein Schadensersatzanspruch ist, ist er im wirtschaftlichen Ergebnis hiermit vergleichbar. Im Übrigen wäre es ein Wertungswiderspruch, wenn der redliche und unverklagte Besitzer zwar keinen Ersatz für den Abriss eines auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes (hier: Wochenendhaus) leisten müsste, aber ein von ihm selbst errichtetes Gebäude auf eigene Kosten abreißen müsste.
Auf Rechtsfehlern beruht auch die Verurteilung beider Beklagten zur Löschung der Grundschuld. Zwar hat die Beklagte zu 1 als Nichtberechtigte dem Kläger gegenüber wirksam über das Grundstück verfügt, da die Bank der Beklagten die Grundschuld gutgläubig erworben hat. Ein hierauf gestützter Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aber aus, weil die Beklagte zu 1 "durch die Verfügung" im Sinne dieser Vorschrift nicht die Grundschuld erlangt hat, sondern nur die Sicherung ihres Darlehens. Ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 989 f. BGB scheidet bereits deswegen aus, weil die Beklagten zum Zeitpunkt der Bestellung und Eintragung der Grundschuld im Jahr 2011 noch gutgläubig und unverklagt waren.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil insgesamt aufgehoben, so dass nun das Oberlandesgericht weitere Feststellungen u.a. zu den Verwendungen der Beklagten treffen muss. Zwar ist es nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Beklagten zur Leistung von Nutzungsersatz verurteilt hat, so dass diese Verurteilung der Beklagten an sich bestehen bleiben könnte; umgekehrt sind die Beklagten zu Unrecht zur Beseitigung des Wohnhauses und zur Löschung der Grundschuld verurteilt worden, so dass diese Anträge an sich abgewiesen werden könnten. Eine abschließende Entscheidung durch den Bundesgerichtshof muss aber auch im Hinblick auf diese Teile des Rechtsstreits unterbleiben, um eine insgesamt widerspruchsfreie Endentscheidung zu gewährleisten.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 816 Verfügung eines NichtberechtigtenAuszug aus dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG)
§ 90Quelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 052/2025 vom 14.03.2025
Druckansicht weniger Information12.03.2025
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom heutigen Tag entschieden, dass eine Ersetzung der durch den Senat im Jahr 2016 für unwirksam erklärten Regelung in § 4 Abs. 4 MB/KT 2009 durch den Krankentagegeldversicherer auf der Grundlage von § 164 Abs. 1 Satz 1 VVG nicht in Betracht kommt, weil die Notwendigkeit der Klauselersetzung im Sinne der vorgenannten Regelung nicht gegeben ist. Für den Krankentagegeldversicherer stellt es keine unzumutbare Härte dar, an einem infolge der Unwirksamkeit der Klausel lückenhaft gewordenen Vertrag festgehalten zu werden (Urt. v. 12.03.2025, Az. IV ZR 32/24).
Der Kläger hält bei dem beklagten Versicherer eine Krankentagegeldversicherung. Dem Vertrag lagen Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde, welche in § 4 Abs. 4 eine Bestimmung enthielten, die § 4 Abs. 4 der damaligen Musterbedingungen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) entsprach und welche die Beklagte bei gesunkenem Nettoeinkommen des Klägers zur Herabsetzung des Krankentagegeldsatzes berechtigte. Eine solche Klausel hat der Senat mit Urteil vom 6. Juli 2016 (IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für unwirksam erklärt.
2018 übersandte die Beklagte dem Kläger geänderte Allgemeine Versicherungsbedingungen, in denen die Möglichkeit der Herabsetzung des Tagessatzes bei gesunkenem Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers neu geregelt wurde.
Der Kläger hält die Neuregelung für unwirksam. Er begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass seine Krankentagegeldversicherung mit dem ursprünglich vereinbarten Tagessatz fortbesteht und die Beklagte nicht berechtigt ist, das Krankentagegeld einseitig herabzusetzen. Ferner verlangt er von der Beklagten die Zahlung eines sich aus der Herabsetzung ergebenden Differenzbetrages sowie die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht Köln (Urt. v. 11.01.2023, Az. 23 O 168/21) hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Nebenforderungen stattgegeben. Das Oberlandesgericht Köln (Urt. v. 27.02.2024, Az. 9 U 40/23) hat auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Der unter anderem für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.
Dabei ist der Senat im Wesentlichen von folgenden Erwägungen ausgegangen:
Die Ersetzung einer durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärten Regelung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen kann nur dann im Sinne des § 164 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VVG zur Fortführung des Vertrages notwendig sein, wenn infolge der Unwirksamkeit der Klausel mindestens die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung gegeben sind. Eine solche ergänzende Vertragsauslegung in vorformulierten Versicherungsverträgen setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats jedenfalls voraus, dass keine dispositiven Gesetzesbestimmungen zur Füllung der entstandenen Lücke zur Verfügung stehen und es dem Versicherer gemäß § 306 Abs. 3 BGB ohne ergänzende Vertragsauslegung unzumutbar ist, an dem lückenhaften Vertrag festgehalten zu werden.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar kann es in den Fällen eines dauerhaften Absinkens des Nettoeinkommens unter den versicherten Tagessatz zu einer Erhöhung des (subjektiven) Risikos für den Versicherer kommen. Dies aber stellt für den Krankentagegeldversicherer keine unzumutbare Härte im Sinne von § 306 Abs. 3 BGB dar.
Dies folgt insbesondere aus der Ausgestaltung der Krankentagegeldversicherung als Summenversicherung, weil einer so ausgestalteten Versicherung immanent ist, dass die Versicherungsleistung von dem versicherten Risiko abweichen und deshalb höher, aber auch niedriger als der tatsächliche Durchschnittsverdienst des Versicherungsnehmers ausfallen kann. Zu berücksichtigen ist bei der Abwägung ferner, dass die Vertragsparteien die Inkongruenz zwischen Nettoeinkommen und Versicherungsleistung teilweise selbst als zumutbar bewerten, nämlich für den umgekehrten Fall, in dem bei gestiegenem Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers die Versicherungsleistung das zu versichernde Risiko unterschreitet. Sollte sich der Wegfall der Herabsetzungsmöglichkeit auf die Prämienkalkulation auswirken, steht es dem Versicherer bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zudem frei, auf der Grundlage vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen die Prämien neu festzusetzen. Der Umstand, dass dem Versicherer die Möglichkeit genommen ist, den Krankentagegeldsatz herabzusetzen, hindert ihn schließlich nicht daran, unter Umständen unberechtigte Leistungsansprüche zurückzuweisen und von dem Versicherungsnehmer die Erfüllung nach wie vor im Bedingungswerk vorgesehener Nachweispflichten für das Vorliegen des Versicherungsfalls zu fordern.
Auszug aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
§ 164 BedingungsanpassungQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 047/2025 vom 12.03.2025
Druckansicht weniger Information06.03.2025
Der Bundesgerichtshof hat über die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen den in § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehenen Grundsatz der hälftigen Teilung der Maklercourtage entschieden, der den Fall betrifft, dass der Makler sowohl für den Verkäufer als auch für den als Verbraucher handelnden Käufer eines Einfamilienhauses tätig wird (Urt. v. 06.03.2025, Az. I ZR 32/24).
Die Klägerin ist als Maklerin tätig. Die Beklagten unterzeichneten eine Courtagevereinbarung mit ihr. Auf Nachweis durch die Klägerin erwarben die Beklagten eine Immobilie, die mit einem Einfamilienhaus nebst Anbau mit Büro und Garage bebaut ist. Die Klägerin war von der Ehefrau des Eigentümers mit der Vermarktung der Immobilie beauftragt worden. Dabei war eine Provision vereinbart worden, die von der mit den Beklagten vereinbarten Provision abweicht.
Das Landgericht Düsseldorf (Urt. v. 27.09.2022, Az. 11 O 44/22) hat die Klage auf Zahlung der Maklerprovision abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urt. v. 26.01.2024, Az. 7 U 243/22) zurückgewiesen. Der Provisionsanspruch sei unbegründet, weil der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 656c BGB unwirksam sei. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Maklervertrag zu Recht als gemäß § 656c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BGB unwirksam angesehen, weil die Klägerin sich nicht von der Ehefrau des Verkäufers und den als Verbraucher handelnden Käufern eine Provision in gleicher Höhe hat versprechen lassen.
Um ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB handelt es sich, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem als Verbraucher handelnden Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient. Der Wohnzweck ergibt sich im Streitfall aus dem vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei gewürdigten Gesamteindruck. Der Annahme, dass das Einfamilienhaus Wohnzwecken dient, steht nicht entgegen, dass darin eine Einliegerwohnung oder eine anderweitige gewerbliche Nutzungsmöglichkeit von jeweils nur untergeordneter Bedeutung (hier: ein 1/5 der Gesamtfläche umfassender Büroanbau) vorhanden ist.
Der Anwendung des § 656c BGB steht weiter nicht entgegen, dass im Streitfall nicht der Verkäufer, sondern seine Ehefrau den Makler beauftragt hat. Zwar regelt § 656c Abs. 1 BGB lediglich den Fall des Abschlusses eines Maklervertrags zwischen dem Makler und jeweils den Parteien des Kaufvertrags, nicht jedoch den Abschluss des Maklervertrags mit einem Dritten anstelle einer Partei des Kaufvertrags. Diese Vorschrift ist jedoch entsprechend anzuwenden, wenn anstelle einer Kaufvertragspartei ein Dritter den Maklervertrag abschließt. Der Zweck des § 656c BGB, Verbraucher davor zu schützen, dass Maklerkosten unter Ausnutzung ihrer aufgrund der Marktsituation geschwächten Verhandlungsposition in unbilliger Weise auf sie abgewälzt werden, ist unabhängig davon berührt, ob der Maklervertrag mit einer Kaufvertragspartei oder einem Dritten geschlossen wird. Es erweist sich als planwidrige Regelungslücke, dass die Vorschrift des § 656c BGB den Abschluss des Maklervertrags durch einen Dritten anstelle einer Partei des Hauptvertrags nicht erfasst.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch(BGB)
§ 656c Lohnanspruch bei Tätigkeit für beide ParteienQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 044/2025 vom 06.03.2025
Druckansicht weniger Information26.02.2025
Dem Bundesgerichtshof (BGH) liegen zahlreiche Nichtzulassungsbeschwerden vor, die namentlich die Frage zum Gegenstand haben, ob ein Unternehmer, der bei Fernabsatzverträgen mit Verbrauchern die Musterwiderrufsbelehrung nicht oder nicht vollständig verwendet, in der von ihm formulierten Widerrufsbelehrung neben seiner (als beispielhafte Kommunikationsmittel genannten) Postanschrift und seiner E-Mail-Adresse zusätzlich auch seine – hier auf dessen Internet-Seite zugängliche – Telefonnummer angeben muss.
Von dieser Frage hängt in den Streitfällen ab, ob eine Widerrufsfrist von vierzehn Tagen ab Erhalt der Ware gilt (§ 355 Abs. 2, § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BGB) oder ob das Widerrufsrecht erst nach zwölf Monaten und 14 Tagen nach dem Beginn der gesetzlichen Widerrufsfrist erloschen ist (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB).
In einem ausgewählten Verfahren, dem ein die Berufung des dortigen Fahrzeugkäufers nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisender Beschluss des Kammergerichts Berlin - 27. Zivilsenat - vom 23. Juli 2024 (27 U 33/24) zugrunde liegt, hat der Senat nunmehr über die von dem Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision entschieden (Urt. v. 26.02.2025, Az. VIII ZR 143/24).
Am 18. Februar 2022 erwarb der Kläger als Verbraucher von der Beklagten, die mit Kraftfahrzeugen handelt, ein Neufahrzeug im Wege des Fernabsatzes. Die Beklagte, die auf ihrer Internet-Seite unter "Kontakt" und im Impressum ihre Telefonnummer angegeben hat, verwendete nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine in Teilen davon abweichende Widerrufsbelehrung. Dort werden die Postanschrift und die E-Mail-Adresse der Beklagten mitgeteilt, nicht aber ihre Telefonnummer. Dazu heißt es, dass der Widerruf mittels einer eindeutigen Erklärung "z.B." durch einen per Post versandten Brief oder eine E-Mail erklärt werden könne.
Am 23. August 2022 wurde dem Kläger das Fahrzeug übergeben. Am 20. Juni 2023 erklärte er per E-Mail den Widerruf seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Erklärung.
Die auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage hatte vor dem Landgericht Berlin II (Urt. v. 19.03.2024, Az. 63 O 14/23) keinen Erfolg gehabt. Auch die Berufung des Klägers blieb vor dem Kammergericht Berlin (Beschl. v. 23.07.2024, Az. 27 U 33/24) erfolglos. Mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt, möchte er sein Klagebegehren weiterverfolgen.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständigen VIII. Zivilsenat des VIII. Zivilsenat des BGH hat die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht gerichtete Beschwerde zurückgewiesen, da ein Grund für die Zulassung der Revision nicht vorliegt. Insbesondere soweit die Beschwerde im Hinblick auf unionsrechtliche Fragestellungen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) geltend macht, ist für eine hierauf gestützte Zulassung der Revision kein Raum.
Die Beklagte hat nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine selbst formulierte Widerrufsbelehrung verwendet. Teilt der Unternehmer in einem solchen Fall in der Widerrufsbelehrung (als beispielhafte Kommunikationsmittel für den Widerruf) seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse mit, ist nach Maßgabe des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, der Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU (im Folgenden: Verbraucherrechterichtlinie) umsetzt und demgemäß richtlinienkonform auszulegen ist, die zusätzliche Angabe der Telefonnummer des Unternehmers nicht erforderlich, zumal diese hier ohne Weiteres auf seiner Internet-Seite zugänglich war. Diese Beurteilung der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Aus diesem Grund bedarf es einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) nicht ("acte clair").
Die Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie legt zwar nicht die genaue Art des vom Unternehmer mitzuteilenden Kommunikationsmittels fest. Sie verpflichtet diesen jedoch unzweifelhaft dazu, jedem Verbraucher Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, über die dieser schnell mit ihm in Kontakt treten und effizient mit ihm kommunizieren kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es insoweit Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen der Verbraucher mit dem Unternehmer Kontakt aufnehmen kann, die dem Verbraucher von dem Unternehmer mitgeteilten Kommunikationsmittel es dem Verbraucher ermöglichen, mit dem Unternehmer schnell in Kontakt zu treten und effizient mit ihm zu kommunizieren.
In Anbetracht dessen hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden ist. Für eine schnelle und effiziente Kontaktaufnahme des Verbrauchers mit dem Unternehmer ist es ohne Zweifel nicht erforderlich, dass in der Widerrufsbelehrung - über die Post- und die E-Mail-Anschrift hinaus - auch eine Telefonnummer des Unternehmers angegeben wird. Bereits durch die Angabe ihrer E-Mail-Adresse, ergänzt durch die Mitteilung ihrer Postanschrift, hat die Beklagte den Verbrauchern Möglichkeiten eröffnet, schnell mit ihr in Kontakt zu treten und effizient mit ihr zu kommunizieren, ohne den Verbrauchern andere Kommunikationswege, wie zum Beispiel ein Telefonat, zu verstellen, zumal die vom Kläger in der Widerrufsbelehrung vermisste Telefonnummer der Beklagten auf ihrer Internetseite (im Impressum und unter "Kontakt") ohne Weiteres verfügbar war.
Selbst wenn aber von einer Unvollständigkeit der Widerrufsbelehrung der Beklagten im Hinblick auf die fehlende Angabe ihrer Telefonnummer auszugehen wäre, stünde dies - woran ebenfalls keine vernünftigen Zweifel bestehen ("acte clair") - bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschriften der § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Satz 1 BGB dem Anlaufen der Widerrufsfrist hier nicht entgegen. Denn eine - unterstellt - insoweit unvollständige Widerrufsbelehrung ist unter den gegebenen Umständen nicht geeignet, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten - konkret: seines Widerrufsrechts - einzuschätzen, beziehungsweise auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken. Ihm wird auch nicht die Möglichkeit genommen, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung vollständiger und inhaltlich zutreffender Informationen im Fernabsatzvertrag auszuüben. Der Umstand, dass die Beklagte in der Widerrufsbelehrung beispielhaft zwar ihre Postanschrift sowie ihre E-Mail-Adresse, nicht jedoch ihre - auf ihrer Internet-Seite bereits mitgeteilte und unschwer zugängliche - Telefonnummer angegeben hat, hat sich nicht auf die Befähigung des Verbrauchers ausgewirkt, den Widerruf rechtzeitig innerhalb der vierzehntägigen Widerrufsfrist der § 355 Abs. 2, § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BGB zu erklären. Denn die Beklagte hat, wie bereits ausgeführt, dem Verbraucher - und damit auch dem Kläger - Kommunikationsmittel zur Verfügung gestellt, über die er schnell mit ihr in Kontakt treten und effizient mit ihr kommunizieren konnte, ohne dabei die Möglichkeit eines Telefonats auszuschließen oder gar den Verbraucher insoweit irrezuführen.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch(BGB)
§ 355 Widerrufsrecht bei VerbraucherverträgenAuszug aus dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB)
Art. 246aAuszug aus der Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie)
Art. 6 Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen VerträgenQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 041/2025 vom 26.02.2025
Druckansicht weniger Information19.02.2025
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute in einem Musterfeststellungsverfahren entschieden, dass eine Inkassovergütung auch dann einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellt, wenn es sich bei dem von dem Gläubiger mit der Einziehung der Forderung beauftragten Inkassodienstleister um ein mit ihm im Sinne von § 15 AktG verbundenes Unternehmen handelt (sogenanntes Konzerninkasso) und die zwischen diesen beiden Gesellschaften getroffenen Vereinbarungen dazu führen, dass eine (unmittelbare) Zahlung der Vergütung durch den Gläubiger an den Inkassodienstleister im Regelfall ausscheidet (Urt. v. 19.02.2025, Az. VIII ZR 138/23).
Der Musterkläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 28 weiterer Verbraucherschutzorganisationen in Deutschland. Die Musterbeklagte ist ein Konzernunternehmen, dessen Geschäftsgegenstand unter anderem der Erwerb von Forderungen ist.
Mit der Einziehung ihrerseits erworbener Forderungen beauftragt die Musterbeklagte regelmäßig eine Schwestergesellschaft, die Inkassodienstleistungen erbringt. Nach der zwischen diesen beiden Gesellschaften getroffenen Rahmenvereinbarung macht die Inkassodienstleisterin die - bis zur erfolgreichen Einziehung beim Schuldner im Verhältnis zu der Musterbeklagten gestundete - Inkassovergütung als Verzugsschaden gegenüber dem jeweiligen Schuldner geltend und behält den entsprechenden Betrag ein, wenn der Schuldner die Forderung erfüllt, während andernfalls - wenn der Schuldner die Forderung nicht erfüllt - die Musterbeklagte ihren entsprechenden Schadensersatzanspruch gegenüber dem Schuldner an die Inkassodienstleisterin an Erfüllungs statt abtritt. Die Höhe der Vergütung richtet sich dabei vereinbarungsgemäß nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
In dem Zeitraum von Februar 2020 bis einschließlich April 2021 machte die Inkassodienstleisterin im Auftrag der Musterbeklagten gegenüber zahlreichen Verbrauchern Forderungen geltend, mit deren Erfüllung der jeweilige Schuldner bereits zuvor in Verzug geraten war. Neben der Hauptforderung verlangte die Musterbeklagte von den Schuldnern jeweils Verzugszinsen sowie - für die Einziehungstätigkeit der Inkassodienstleisterin - die Erstattung einer Inkassovergütung in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG).
Das im Musterfeststellungsverfahren erstinstanzlich zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht Hamburg (Urt. v. 15.06.2023, Az. 3 MK 1/21) hat festgestellt, dass die gegenüber Verbrauchern für die Beauftragung der Inkassodienstleisterin als Vergütung geltend gemachten Kosten keinen ersatzfähigen Verzugsschaden der Musterbeklagten im Sinne der §§ 249 ff. BGB darstellen.
Ein Anspruch auf Erstattung der Inkassokosten scheide vorliegend aus. Rechtsverfolgungskosten seien grundsätzlich nur dann zu ersetzen, wenn der Geschädigte im Innenverhältnis zu dem für ihn tätigen Rechtsdienstleister zur Zahlung der dem Schuldner in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet sei. Das sei hier nicht der Fall, da es gemäß den zwischen der Musterbeklagten und der Inkassodienstleisterin getroffenen Abreden letztlich ausgeschlossen sei, dass die Musterbeklagte die vereinbarte Inkassovergütung an die Inkassodienstleisterin zu bezahlen habe.
Dies bedeute, dass der durch die Inkassodienstleisterin gegenüber den Verbrauchern konkret geltend gemachte Schaden bei der Musterbeklagten nicht entstanden sei. Denn es fehle an einer Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese. Da sich die Musterbeklagte der Belastung mit der (zugleich gestundeten) Vergütungsforderung durch die Erfüllungsabrede innerhalb derselben Vereinbarung wieder entledige, entstehe ihr in schadensrechtlicher Hinsicht kein Nachteil.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Musterfeststellungsklage ist nach § 606 ZPO aF zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach § 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 249 Abs. 1 BGB sind dem Gläubiger grundsätzlich alle Einbußen zu ersetzen, die er durch die Verfolgung seiner Rechte gegen den bereits in Verzug geratenen Schuldner erleidet. Zu den danach erstattungsfähigen Rechtsverfolgungskosten zählen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Ausgangspunkt auch diejenigen Aufwendungen, die dem Gläubiger dadurch entstehen, dass er - nach Verzugseintritt - ein Inkassounternehmen mit der Einziehung der Forderung beauftragt. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist allerdings, dass die Rechtsverfolgungskosten aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich danach bei der Inkassovergütung, deren Erstattung die Musterbeklagte von den jeweiligen Schuldnern verlangt, um einen ersatzfähigen Verzugsschaden.
Bei dem für die Bestimmung eines Schadens vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (Differenzhypothese), begründet der Umstand, dass die Musterbeklagte einem Vergütungsanspruch der Inkassodienstleisterin aus dem mit dieser geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 Abs. 1 iVm § 611 Abs. 1 BGB) ausgesetzt ist, einen Schaden. Zwar stellt die Belastung mit einer Verbindlichkeit nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann und insoweit einen Schaden dar, als der Geschädigte mit der Verbindlichkeit tatsächlich beschwert ist. Eine solche Beschwer entfällt entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts aber nicht etwa dadurch, dass der Geschädigte mit dem Dritten, dessen Forderung den geltend gemachten Schaden bildet, besondere für den Geschädigten vorteilhafte Erfüllungsmodalitäten vereinbart. Dies gilt auch dann, wenn diese Modalitäten wie die Abrede, dass der Dritte hinsichtlich seiner Vergütung an Erfüllungs statt die Abtretung des diesbezüglichen Ersatzanspruchs des Geschädigten gegen den Schädiger annimmt zur Folge haben, dass der Geschädigte keinen direkten Mittelabfluss in Form einer Geldzahlung an den Dritten erleidet. Denn dies ändert nichts daran, dass der Geschädigte die Erfüllung der Forderung schuldet (§ 241 Abs. 1 BGB) und somit eine Vermögenseinbuße im schadensrechtlichen Sinne vorliegt.
So verhält es sich auch im Streitfall. Nach der hier getroffenen Abrede erfolgt die Erfüllung wenn der Inkassodienstleisterin eine Realisierung der entsprechenden Ansprüche (Haupt- und/oder Nebenforderungen) gegenüber dem Schuldner (teilweise) gelingt dadurch, dass die Inkassodienstleisterin berechtigt ist, den eingezogenen Betrag in Höhe der Vergütungsforderung zu behalten. Hierbei handelt es sich in dem Verhältnis zwischen der Musterbeklagten und der Inkassodienstleisterin um eine Leistung der Musterbeklagten im Sinne von § 362 BGB, die letztlich darin besteht, dass die Musterbeklagte auf die Geltendmachung ihres Anspruchs auf Auskehrung der durch die Geschäftsbesorgung erlangten Geldbeträge (§ 675 Abs. 1, § 667 BGB) insoweit verzichtet. Bleibt der Forderungseinzug hingegen erfolglos, erbringt die Musterbeklagte die ihrerseits geschuldete Vergütungsleistung, indem sie ihren Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Schuldner an die Inkassodienstleisterin an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) abtritt.
Die Einschaltung der Inkassodienstleisterin war aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Musterbeklagten zur Wahrnehmung ihrer Rechte auch erforderlich und zweckmäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen aus der Sicht des Gläubigers erforderlich und zweckmäßig, wenn der Schuldner - wie in sämtlichen hier zu beurteilenden Fällen - in Zahlungsverzug geraten ist.
Der Umstand, dass der Forderungseinzug vorliegend im Wege eines Konzerninkassos betrieben wird, rechtfertigt es entgegen einer in der Literatur vereinzelt vertretenen Auffassung nicht, die Erforderlichkeit der hierdurch verursachten Kosten zu verneinen. Denn die Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten richtet sich nicht nach der gewählten Organisation des Forderungsinkassos, sondern allein danach, mit welchen Tätigkeiten der Gläubiger das Inkassounternehmen beauftragt. Hat der Gläubiger der ihm obliegenden Mühewaltung - wozu beispielsweise die Stellung einer Rechnung oder die verzugsbegründende Erstmahnung zählen - genügt, wie regelmäßig anzunehmen ist, wenn er den Schuldner in Verzug gesetzt hat, und beauftragt anschließend um seinem Erfüllungsverlangen Nachdruck zu verleihen einen Rechtsanwalt oder ein (externes) Inkassounternehmen mit der Forderungseinziehung, besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz der hierdurch verursachten Kosten.
Im Fall der Beauftragung eines konzernverbundenen - gleichwohl aber rechtlich selbständigen - Inkassounternehmens kann nichts anderes gelten. Nur wenn im Einzelfall zusätzliche besondere Anhaltspunkte für ein von sachfremden Interessen geleitetes, rechtsmissbräuchliches Verhalten des Gläubigers gegebenenfalls in kollusivem Zusammenwirken mit dem konzernverbundenen Inkassounternehmen vorliegen, kann die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme zu verneinen sein. Solche Anhaltspunkte liegen hier jedoch nicht vor.
Auch der Umstand, dass durch ein konzernverbundenes Unternehmen erbrachte Inkassodienstleistungen vom Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes ausgenommen sind (§ 2 Abs. 1, 3 Nr. 6 RDG) und deshalb unter anderem die schuldnerschützende Vorschrift des § 4 Abs. 5 RDGEG aF (heute § 13e Abs. 1 RDG), wonach der Gläubiger von seinem Schuldner eine Erstattung von Inkassokosten nur bis zu der Höhe verlangen kann, die einem Rechtsanwalt für diese Tätigkeit nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zustehen würde, nicht (unmittelbar) anzuwenden ist, gebietet keine andere Beurteilung. Denn der vom Gesetzgeber mit jener Regelung bezweckte Schutz des Schuldners vor einer Belastung mit überhöhten Kosten lässt sich ohne weiteres dadurch erreichen, dass die in § 4 Abs. 5 RDGEG aF (heute § 13e Abs. 1 RDG) zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung, die als Konkretisierung der allgemeinen Schadensminderungsobliegenheit des Gläubigers nach § 254 Abs. 2 BGB zu begreifen ist, nach Maßgabe dieser letztgenannten Vorschrift auf die Erstattungsfähigkeit von Konzerninkassokosten übertragen wird. Da im Streitfall eine Berechnung der Inkassokosten gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vereinbart wurde, kommt eine Anspruchsminderung hiernach nicht in Betracht.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch(BGB)
§ 249 Art und Umfang des SchadensersatzesAuszug aus dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
§ 2 Begriff der RechtsdienstleistungAuszug aus dem Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz
(in der bis zum 30. September 2021 geltenden Fassung)
Quelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 036/2025 vom 19.02.2025
Druckansicht weniger Information14.02.2025
Der BGH hat auf der Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts in zwei Verfahren weitere Vorgaben zu den Voraussetzungen gemacht, unter denen die Wohnungseigentümer eine von einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abweichende Kostentragung beschließen können (Urt. v. 14.02.2025, Az. V ZR 236/23 und V ZR 128/23).
Die Klägerin in dem Verfahren V ZR 236/23 ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu der Anlage gehört eine Tiefgarage mit 15 Stellplätzen. Die Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1971 ordnet die Nutzung der Stellplätze ausschließlich bestimmten Wohneinheiten zu. Zudem regelt die Gemeinschaftsordnung, dass die Kosten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in und an der Garagenhalle ausschließlich von diesen Wohneinheiten zu tragen sind. Die Einheit der Klägerin verfügt nicht über ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz. Im April 2022 beschlossen die Wohnungseigentümer, das Dach der Garage sanieren zu lassen und die damit verbundenen Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage.
Die Klägerinnen in dem Verfahren V ZR 128/23 sind Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu der Anlage gehören – neben den Gewerbeeinheiten der Klägerinnen – 30 Wohnungseigentumseinheiten sowie insgesamt 25 Garagen/Stellplätze, für die jeweils Teileigentum begründet worden ist. In der Teilungserklärung aus dem Jahr 1984 ist geregelt, dass öffentliche Abgaben, Betriebskosten und Instandsetzungskosten jeweils nach Miteigentumsanteilen getragen werden. Für die Heizungskosten sieht die Teilungserklärung eine Umlage nach dem Verhältnis der beheizten Flächen vor. Der in der Teilungserklärung ausgewiesene Miteigentumsanteil ist bezogen auf die Grundfläche bei den Wohnungen etwa viermal größer als bei den Gewerbeeinheiten, ein Hundertstel Miteigentum entspricht also bei den Wohneinheiten etwa 25 m², bei den Gewerbeeinheiten etwa 100 m². In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2021 wurde beschlossen, die aktuell nach Miteigentumsanteilen umgelegten Kosten zukünftig nach der beheizbaren Wohnfläche zu verteilen und diesen Schlüssel auch für die Zuführung zu der Erhaltungsrücklage anzuwenden. Darüber hinaus wurde auf der Grundlage des Gesamtwirtschaftsplans und der Einzelwirtschaftspläne über die Vorschüsse für das Jahr 2022 beschlossen.
Gegen diese Beschlussfassung wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Anfechtungsklage.
Der V. Zivilsenat des BGH hat der Revision stattgegeben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Nach der Gemeinschaftsordnung sind die bei der Sanierung des Tiefgaragendaches entstehenden Kosten nur von den Einheiten mit Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz zu tragen. Die beschlossene Verteilung der Kosten nach Miteigentumsanteilen führt dazu, dass auch Wohnungseigentümer ohne Stellplatz – wie die Klägerin – für die Sanierung des Tiefgaragendachs zahlen müssen; der Beschluss sollte die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte objektbezogene Kostentrennung zwischen Gebäude und Tiefgarage gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG konstitutiv ändern. Die erforderliche Beschlusskompetenz besteht – wie der Bundesgerichtshof in der Sache V ZR 81/23 bereits entschieden hat – auch dann, wenn der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem – wie hier – Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet werden.
Da das Landgericht entgegen dieser – erst nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen – Rechtsprechung die Beschlusskompetenz verneint hatte, hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Nunmehr wird das Landgericht klären müssen, ob die Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen; zu prüfen ist dies nur dann, wenn – wie hier – innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist Klage gegen die Beschlüsse erhoben worden ist. Zu der insoweit erforderlichen Prüfung von Anfechtungsgründen hat der Bundesgerichtshof nähere Vorgaben gemacht. Inwieweit es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, durch Beschluss auch die zuvor kostenbefreiten Wohnungseigentümer an den auf einen der Gebäudeteile entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen, war bislang ungeklärt. Nach dem bis zum 30. November 2020 geltenden Recht waren derartige Beschlüsse schon mangels Beschlusskompetenz ohne Weiteres nichtig. Der Bundesgerichtshof hat zu der neuen Rechtslage nun entschieden, dass es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (hier der Tiefgarage) entfallenden Kosten zu beteiligen. Denn in typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass die vereinbarte Kostentrennung für die konkrete Anlage grundsätzlich angemessen ist. Regelmäßig wird die objektbezogene Kostentrennung nämlich deshalb vereinbart, weil sich Gebrauch bzw. Gebrauchsmöglichkeiten besonders stark unterscheiden, wie es insbesondere in Anlagen mit unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen oder in Mehrhausanlagen der Fall ist. Daher bedarf es in dieser Fallkonstellation – anders als bei üblichen Beschlüssen über die Änderung der Kostenverteilung – eines sachlichen Grundes, damit die Kosten auf alle Wohnungseigentümer verteilt werden dürfen.
Wann ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht, hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab und lässt sich nicht abschließend vorgeben. In dem hier zu entscheidenden Fall könnte es jedenfalls ausreichend sein, wenn die Kosten der Beseitigung von Schäden dienen, die von dem übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrühren. Ebenso kann ein sachlicher Grund gegeben sein, wenn sich das Problem, für dessen Beseitigung die Kosten anfallen, auf die gesamte Anlage erstreckt, und aus diesem Grund eine Gesamtsanierung der Anlage unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer beschlossen wird. Hingegen stellt es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung zwischen Tiefgarage und Gebäude für sich genommen keinen sachlichen Grund für eine Beteiligung aller Miteigentümer dar, dass die Kosten Teile des Gemeinschaftseigentums betreffen, die auch für das übrige Gemeinschaftseigentum – insbesondere aus Gründen der Statik – von Bedeutung sind.
Der BGH hat die Revision zurückgewiesen. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Die angefochtenen Beschlüsse sind rechtmäßig. Die Beschlusskompetenz zur Abänderung des geltenden Verteilungsschlüssels ergibt sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Anders als zuvor begründet nunmehr § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG (auch) eine Kompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels für die Zuführung zu Rücklagen. Grund für die fehlende Beschlusskompetenz nach dem alten Recht war, dass § 16 Abs. 4 WEG aF eine Änderung der Kostenverteilung nur für den Einzelfall ermöglichte, während Rücklagen für den zukünftigen, noch nicht konkret vorhersehbaren Bedarf bestimmter Maßnahmen gebildet werden. Eine solche Beschränkung enthält § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG nicht mehr.
Bei der beschlossenen Änderung der Kostenverteilung handelt es sich zudem um eine abweichende Verteilung für bestimmte Arten von Kosten im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG und nicht – wie die Klägerinnen gemeint hatten – um eine nicht von der Beschlusskompetenz gedeckte generelle Änderung des Verteilungsschlüssels. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung beschließen. Wie die Formulierung "bestimmte Arten von Kosten" zu verstehen ist, war bislang umstritten. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass diese Formulierung lediglich das allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis hervorhebt und keine darüber hinausgehenden Anforderungen begründet.
Der Bundesgerichtshof hat auch die Annahme des Landgerichts, der Beschluss über die Änderung des Verteilungsschlüssels entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, nicht beanstandet. Die auf § 16 Abs. 3 WEG aF gestützte Änderung einer vereinbarten Verteilung von Betriebskosten, die bestimmte Wohnungseigentümer privilegierte, entsprach nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn es für die vereinbarte Privilegierung keinen sachlichen Grund gab. Der Bundesgerichtshof hat jetzt geklärt, dass die gleichen Grundsätze für die nunmehr eröffnete Änderung des Verteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gelten. Die Würdigung des Landgerichts, dass der alte Verteilungsschlüssel die Teileigentümerinnen der Gewerbeeinheiten unbillig privilegiert hat, weil die Gewerbeeinheiten gemessen an der Fläche nur mit etwa einem Viertel an den Kosten für Abgaben, Betriebskosten und Erhaltung beteiligt wurden und für diese Privilegierung kein sachlicher Grund bestand, ist rechtsfehlerfrei.
Auszug aus dem Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz – WEG)
§ 16 Nutzungen und KostenQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 033/2025 vom 14.02.2025
Druckansicht weniger Information04.02.2025
Der Bundesgerichtshof (BGH) heute hat mit vier Urteilen entschieden, dass die von verschiedenen Banken und einer Sparkasse gegenüber Verbrauchern verwendeten Klausen zu Entgelten für die Verwahrung von Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten unwirksam sind. Er hat in dem Verfahren XI ZR 161/23 außerdem entschieden, dass die von einer Bank gegenüber Verbrauchern verwendeten Klauseln zu Entgelten für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard und einer Ersatz-PIN unwirksam sind (Urt. v. 04.02.2025, Az. XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23).
Die Kläger in den vier Verfahren sind seit über vier Jahren als qualifizierte Einrichtungen in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragene Verbraucherschutzverbände.
Die in dem Verfahren XI ZR 61/23 beklagte Sparkasse verwendete im Zeitraum vom 1. bis zum 13. Februar 2020 auf ihrer Internetseite im Zusammenhang mit von ihr angebotenen Giroverträgen folgende Klausel:
Verzinsung
Zinssatz für Guthaben (täglich fällige Gelder) 0,00 %
Verwahrentgelt für Guthaben ab 5.000,01 € (Freibetrag 5.000 €)*- 0,70 % p.a.
*Das Verwahrentgelt auf allen Privatgirokonten, die ab dem 01.02.2020 neu eröffnet werden, beträgt ab einer Einlagenhöhe von 5.000,01 € 0,70 % p.a. (Freibetrag 5.000,00 €). Die gleiche Regelung gilt für Kontomodellwechsel ab dem 01.02.2020.
Die in dem Verfahren XI ZR 65/23 beklagte Bank verwendet in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis folgende Klausel:
Privatkonten
[…]
Entgelt für die Verwahrung von
Einlagen über 10.000 EUR pro Jahr 0,50 % p.a.
Freibetrag14
14 Vom Kunden zu zahlendes Verwahrentgelt bei Neuanlage/Neuvereinbarung ab 01.04.2020 für Einlagen über 10.000 EUR Freibetrag auf das auf dem Konto verwahrte Guthaben, das den aktuellen Freibetrag übersteigt.
Die in dem Verfahren XI ZR 161/23 beklagte Bank verwendet in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis für die von ihr angebotenen Girokonten folgende Klausel:
3.2 Entgelt für die Verwahrung von EinlagenEinlagen bis | 25.000,00 EUR | 0,00 % p.a. |
Einlagen über17 | 25.000,00 EUR | 0,50 % p.a. |
Sie bietet Verbrauchern unter der Bezeichnung "SpardaCash" und "SpardaCash Online" außerdem Tagesgeldkonten an. In ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis heißt es hierzu wie folgt:
SpardaCash – Verträge ab 01.08.202016Ein SpardaCash18 | ||
Einlagen bis | 50.000,00 EUR | 0,00 % p.a. |
Einlagen über17 | 50.000,00 EUR | 0,50 % p.a. |
Jedes weitere SpardaCash18 | ||
Einlagen über17 | 0,00 EUR | 0,50 % p.a. |
SpardaCash Online – Verträge ab 01.08.202016 | ||
Ein SpardaCash Online¹8 | ||
Einlagen bis | 50.000,00 EUR | 0,00 % p.a. |
Einlagen über17 | 50.000,00 EUR | 0,50 % p.a. |
Jedes weitere SpardaCash Online18 | ||
Einlagen über17 | 0,00 EUR | 0,50 % p.a. |
In dem Kapitel über die Erbringung von Zahlungsdiensten für Privatkunden ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses verwendet die Beklagte außerdem folgende Klauseln:
4.4 Kartengestützter Zahlungsverkehr- Ersatzkarte28 | 12,00 EUR |
- Ersatz-PIN²8 auf Wunsch des Kunden | 5,00 EUR |
Die in dem Verfahren XI ZR 183/23 beklagte Bank verwendete in den Jahren 2020 bis 2022 in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis im Kapitel über den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unter den Überschriften "Sichteinlagen" und "Spareinlagen" jeweils folgende Klausel:
Verwahrung von Einlagen oberhalb des Freibetrags für alle Einlagen- & Girokonten Verwahrentgelt 0,5 % p.a.In einer Fußnote verwies die Klausel auf das Kapitel über die Verwahrung von Einlagen für alle Kunden, in dem für verschiedene Zeiträume Freibeträge in Höhe von 50.000 €, 100.000 € und 250.000 € genannt waren.
Der Preisaushang der Beklagten, in dem die Konditionen für Spar-, Tagesgeld- und Girokonten wiedergegeben sind, enthielt folgende Klauseln:
Verwahrentgelt für die Verwahrung von Einlagen auf allen Einlagen- & Girokonten0,5 % p.a.
0,5 % p.a.
- für ab dem 10.05.2021 neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag von 50.000,00 €0,5 % p.a.
Mit Bestandskunden vereinbarte die Beklagte ab Anfang des Jahres 2021 die Zahlung eines "Guthabenentgelts" für auf Euro lautende Einlagen. In diesen Vereinbarungen hieß es u.a. wie folgt:
1. Die [Bank] erhebt ab dem […] für die auf Euro lautenden Einlagen (inklusive Spareinlagen) auf den Konten des Kunden, die unter seiner Kundennummer […] gegenwärtig und zukünftig geführt werden (im folgenden "Kundenkonten") ein monatliches Guthabenentgelt.
[…]
3. […] Dieser Kostensatz entspricht dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Einlagenfazilität im jeweiligen Berechnungsmonat festgelegten Zinssatz (aktuell 0,50 % p.a.).
Die Kläger in den vier Verfahren halten die vorbezeichneten Klauseln für unwirksam, da sie die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten. Sie nehmen die Beklagten jeweils darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern zu verwenden. Die Kläger in den Verfahren XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 begehren darüber hinaus von der jeweiligen Beklagten als Folgenbeseitigung die Rückzahlung der auf der Grundlage der Verwahrentgeltklauseln vereinnahmten Entgelte an die betroffenen Verbraucher und Auskunft über deren Vornamen, Zunamen und Anschriften. Der Kläger in dem Verfahren XI ZR 183/23 begehrt als Folgenbeseitigung ebenfalls Auskunft über die betroffenen Verbraucher und die Versendung eines von ihm formulierten Berichtigungsschreibens durch die Beklagte an diese Verbraucher.
Die Berufungsgerichte in den Verfahren XI ZR 61/23 und XI ZR 65/23 haben die Klage jeweils abgewiesen, weil die Klauseln über das Verwahrentgelt eine von der Beklagten erbrachte Hauptleistung aus dem Girovertrag bepreisten und daher keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterlägen.
Auch das Berufungsgericht in dem Verfahren XI ZR 161/23 hat die Klage betreffend die Klauseln über das Verwahrentgelt mit der Begründung abgewiesen, mit den Klauseln werde eine von der Beklagten erbrachte Hauptleistung aus dem Girovertrag bzw. aus dem Vertrag über das Tagesgeldkonto bepreist, so dass die Klauseln keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterlägen. Die Klauseln, mit denen die Bank für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard bzw. einer Ersatz-PIN ein Entgelt verlange, seien demgegenüber unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot verstießen.
Das Berufungsgericht in dem Verfahren XI ZR 183/23 hat die Klage ebenfalls abgewiesen. Bei der Vereinbarung über das von Neukunden auf Spareinlagen zu entrichtende Verwahrentgelt handele es sich um eine die Hauptleistung betreffende Preisabrede, die keiner AGB-rechtlichen Kontrolle unterliege. Die Regelungen über das Verwahrentgelt im Preis- und Leistungsverzeichnis sowie im Preisaushang hätten nur für Neukunden, nicht hingegen für Bestandskunden gegolten. Das mit Bestandskunden vereinbarte "Guthabenentgelt" stelle ebenfalls eine Preishaupt-abrede dar und unterliege nicht der Inhaltskontrolle. Es handele sich um ein Entgelt für die einseitige Verpflichtung der Bank, das Sparguthaben sicher zu verwahren und dem Sparer den gleichen Betrag zurückzugewähren.
Die Kläger in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 183/23 verfolgen mit ihrer jeweils vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihre Klageanträge weiter. In dem Verfahren XI ZR 161/23 verfolgt der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision seine Klageanträge weiter, soweit das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Klageabweisungs-antrag weiter.
Der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH hat in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 entschieden, dass mit dem Verwahrentgelt eine Hauptleistung aus dem Girovertrag bepreist wird und die in Giroverträgen vereinbarten Klauseln über Verwahrentgelte damit zwar keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, die Klauseln aber gegen das sich gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch auf das Hauptleistungsversprechen erstreckende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen und damit gegenüber Verbrauchern unwirksam sind. Giroverträge sind typengemischte Verträge, bei denen die von der Bank erbrachten Leistungen Elemente des Zahlungsdiensterechts, des Darlehnsrechts und der unregelmäßigen Verwahrung aufweisen können. Eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 488 ff. BGB liegt vor, wenn auf dem Girokonto ein Guthaben vorhanden ist. Die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten stellt neben der Erbringung von Zahlungsdiensten eine den Girovertrag prägende Leistung und damit eine Hauptleistung aus dem Girovertrag dar. Wie die in der Vergangenheit nicht unübliche Vertragspraxis der Banken, auf Girokonten bestehende Guthaben geringfügig zu verzinsen, belegt, dient das Guthaben auf Girokonten nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zudem nicht ausschließlich der Teilnahme am Zahlungsverkehr. Die Kreditwirtschaft kann mit dem sogenannten "Bodensatz" der Guthaben wirtschaften, die sie auf Girokonten verwahrt. 10 % dieser Guthaben können von der Bankwirtschaft nach dem Aufsichtsrecht für die Unterlegung von Risiken im Aktivgeschäft verwendet werden. Die Kunden haben ebenfalls ein Interesse an der Nutzung der Girokonten als "Verwahrstelle" für ihr Geld. Sie können ihr Bargeld mithilfe des Girokontos sicher aufbewahren und Guthaben auf Girokonten belassen, ohne sich um eine Weiterverwendung kümmern zu müssen. Darüber hinaus sind Gutschriften auf Girokonten als Sichteinlagen durch die gesetzlichen Einlagensicherungssysteme geschützt und für Kunden jederzeit verfügbar. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es bei einer Gesamtschau, die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten als von der Bank im Rahmen des Girovertrags erbrachte Hauptleistung anzusehen. Aus den Regelungen der § 700 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich weiter, dass ein Verwahrentgelt keine gesetzlich nicht vorgesehene Gegenleistung des Kunden darstellt.
Die Verwahrentgeltklauseln in Giroverträgen in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 sind allerdings intransparent und aus diesem Grund unwirksam. Sie sind hinsichtlich der Höhe des Verwahrentgelts nicht bestimmt genug, so dass Verbraucher ihre mit den Klauseln verbundenen wirtschaftlichen Belastungen nicht hinreichend erkennen können. Die Klauseln informieren nicht hinreichend genau darüber, auf welches Guthaben sich das Verwahrentgelt in Höhe von 0,7 % p.a. (so im Verfahren XI ZR 61/23) bzw. in Höhe von 0,5 % p.a. (so in den Verfahren XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23) bezieht. Die auf Girokonten bestehenden Guthaben können sich infolge der Verbuchung von Gutschriften und Belastungen innerhalb eines Tages mehrfach ändern. Die in den Klauseln verwendeten Formulierungen lassen allerdings offen, welcher konkrete Guthabenstand auf den Girokonten für die Berechnung des Verwahrentgelts jeweils maßgebend sein soll. Unklar ist dabei vor allem, ob die Berechnung des Verwahrentgelts taggenau erfolgen soll und bis zu welchem Zeitpunkt Tagesumsätze auf den Girokonten bei der Berechnung des maßgebenden Guthabensaldos berücksichtigt werden sollen.
Die Klauseln über Verwahrentgelte für Einlagen auf Tagesgeldkonten (XI ZR 161/23) und für Spareinlagen (XI ZR 183/23) unterliegen demgegenüber einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die von der Bank geschuldete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern. Sie halten der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Einlagen auf Tagesgeldkonten und Sparkonten dienen nicht nur der sicheren Verwahrung von Geldern, sondern darüber hinaus auch Anlage- und Sparzwecken.
Gelder auf Tagesgeldkonten werden in der Regel in Höhe der Marktzinsen am Geldmarkt variabel verzinst. Dementsprechend hat die Beklagte in dem Verfahren XI ZR 161/23 die von ihr angebotenen Tagesgeldkonten unter der Rubrik "Anlegen und Sparen" damit beworben, dass täglich über die Gelder verfügt werden könne und diese mit einer "attraktiven" Rendite angelegt würden. Mit der Erhebung eines laufzeitabhängigen Verwahrentgelts in Höhe von 0,5 % p.a. verlieren die Tagesgeldkonten allerdings gänzlich ihren Spar- und Anlagezweck. Denn bei einer gleichzeitigen Verzinsung der Einlage mit 0,001 % p.a. reduziert sich das auf den Tagesgeldkonten eingelegte Kapital täglich, bis die Einlage den in den Klauseln genannten Freibetrag von 50.000 € erreicht. Hierdurch wird der Charakter des Vertrags über ein Tagesgeldkonto nach Treu und Glauben verändert.
Zweck von Spareinlagen ist es, das Vermögen von natürlichen Personen mittel- bis langfristig aufzubauen und durch Zinsen vor Inflation zu schützen. Dieser Charakter des Sparvertrags wird durch die Erhebung eines Verwahr- oder eines Guthabenentgelts entgegen den Geboten von Treu und Glauben verändert, da das laufzeitabhängige Verwahr- oder Guthabenentgelt mit dem den Sparvertrag kennzeichnenden Kapitalerhalt nicht zu vereinbaren ist. Denn auch das Verwahr- bzw. Guthabenentgelt in dem Verfahren XI ZR 183/23 führt dazu, dass die Höhe der Spareinlagen fortlaufend bis zu dem vereinbarten Freibetrag sinkt. Die Erhebung des Verwahrentgelts reduziert die auf die Sparverträge eingezahlten Spareinlagen, was von dem Vertragszweck "Kapitalerhalt und Sparen" abweicht, nach dem das eingezahlte Kapital mindestens zu erhalten ist.
Diese Abweichung stellt eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar. Soweit Kreditinstitute im Euroraum im Zeitraum vom 11. Juni 2014 bis 26. Juli 2022 auf bestimmte Einlagen, die sie bei ihrer nationalen Zentralbank unterhielten, "negative Zinsen" zu zahlen hatten, rechtfertigt dies nicht, die vertraglich berechtigten Erwartungen von Verbrauchern, ihre auf Tagesgeld- und auf Sparkonten verbuchten Einlagen mindestens zu erhalten, durch die Einführung eines Verwahr- oder Guthabenentgelts zu enttäuschen, das die Einlage bis zu einem Freibetrag fortlaufend reduziert.
Soweit die klagenden Verbraucherschutzverbände in den Verfahren XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 von der jeweiligen Beklagten als Folgenbeseitigung die Rückzahlung der auf der Grundlage der unwirksamen Verwahrentgeltklauseln vereinnahmten Entgelte an die betroffenen Verbraucher und Auskunft über deren Vornamen, Zunamen und Anschriften verlangen, hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Klage abgewiesen. Wie der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 11. September 2024 (I ZR 168/23, Pressemitteilung 180/2024) bereits entschieden hat, ist eine solche Klage hinsichtlich des Zahlungsbegehrens bereits unzulässig, weil der Kläger mit seinem Antrag die Kunden der Beklagten nicht individualisiert, an die die Rückzahlung erfolgen soll, so dass es an der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit des Klageantrags fehlt. Die begehrte Auskunft können die Kläger nicht beanspruchen, weil einem Verbraucherschutzverband im Rahmen eines Klageverfahrens nach dem Unterlassungsklagengesetz kein Beseitigungsanspruch auf Rückzahlung rechtsgrundlos vereinnahmter Entgelte an die betroffenen Verbraucher gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht, so dass auch der insoweit als Hilfsanspruch anzusehende Auskunftsanspruch nicht besteht.
Soweit der Kläger in dem Verfahren XI ZR 183/23 als Folgenbeseitigung Auskunft über die betroffenen Verbraucher und die Versendung eines von ihm formulierten Berichtigungsschreibens durch die Beklagte an die betroffenen Verbraucher verlangt, hat der XI. Zivilsenat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
In dem Verfahren XI ZR 161/23 hat der XI. Zivilsenat schließlich entschieden, dass die Klauseln zu einem Entgelt für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard bzw. einer Ersatz-PIN unwirksam sind, da sie gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen. Der Verbraucher kann nicht hinreichend erkennen, in welchen Fällen die Beklagte zur Ausstellung einer Ersatzkarte bzw. einer Ersatz-PIN verpflichtet ist, und damit nicht, ob er das Entgelt von 12 € bzw. 5 € tatsächlich zahlen muss. Der durchschnittliche, rechtlich nicht gebildete, verständige Verbraucher erkennt zwar, dass er nach den Klauseln nur dann zur Zahlung verpflichtet sein soll, wenn weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Verpflichtung der Bank zur Ausstellung einer Ersatzkarte bzw. einer Ersatz-PIN besteht. In den Klauseln fehlt aber jegliche Konkretisierung, wann eine solche Verpflichtung der Bank besteht. Ausführungen über die typischen Fälle, in denen der Verbraucher eine Ersatzkarte bzw. eine Ersatz-PIN benötigt (Verlust, Diebstahl und Missbrauch), enthalten die Klauseln nicht. Die Entgeltklauseln versetzen den Verbraucher damit nicht in die Lage, die Reichweite der beabsichtigten Entgeltpflicht in seinem praktischen Geltungsbereich zu bestimmen.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch(BGB)
§ 307 InhaltskontrolleAuszug aus der Zivilprozessordnung (ZPO)
§ 253 KlageschriftAuszug aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
§ 3 Verbot unlauterer geschäftlicher HandlungenQuelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 026/2025 vom 04.02.2025
Druckansicht weniger Information28.01.2025
Der BGH hat heute auf der Grundlage einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in drei Verfahren entschieden, welche Umstände für die Beurteilung der Frage maßgeblich sind, ob ein Reisender, der vor Beginn der Reise vom Vertrag zurückgetreten ist, von der Zahlung einer Entschädigung an den Reiseveranstalter gemäß § 651h Abs. 3 BGB befreit ist (Urt. v. 28.01.2025, Az. X ZR 53/21, X ZR 3/22, X ZR 55/22).
Im Verfahren X ZR 53/21 buchte der Kläger bei der Beklagten im Januar 2020 eine Reise nach Japan im Zeitraum vom 3. bis 12.04.2020 zu einem Gesamtpreis von 6.148 €. Im Februar 2020 beschloss die japanische Regierung unter anderem, für die kommenden Wochen sämtliche Großveranstaltungen abzusagen und alle Schulen bis mindestens Anfang April zu schließen. Der Kläger trat am 01.03.2020 von der Reise zurück. Die Beklagte berechnete Stornokosten in Höhe von insgesamt 1.537 € (25 % des Reisepreises), die der Kläger bezahlte. Am 26.03.2020 erging für Japan ein Einreiseverbot. Der Kläger verlangte daraufhin die Rückzahlung des geleisteten Betrags.
Im Verfahren X ZR 3/22 buchte der Kläger eine Ostseekreuzfahrt im Zeitraum vom 22. bis 29.08.2020 für 8.305,10 €. Am 31.03.2020 trat er von der Reise zurück und verlangte die Rückzahlung der von ihm geleisteten Anzahlung in Höhe von 3.194 €. Die Kreuzfahrt wurde von der Beklagten am 10.07.2020 abgesagt.
Im Verfahren X ZR 55/22 buchten die Kläger im Juni 2019 eine Pauschalreise nach Mallorca vom 16. bis 30.05.2020 für 1.753 € und im Juli 2019 eine Flusskreuzfahrt "Wolga-Wunder und Zarenzauber" vom 5. bis 15.09.2020 für 2.376 €. Am 14.04.2020 traten sie telefonisch von beiden Reisen zurück. Die Beklagte behielt die geleisteten Anzahlungen in Höhe von insgesamt 650 € ein und verlangte zusätzlich 548,50 € als Entschädigungspauschale. Beide Reisen konnten wegen der Pandemie nicht stattfinden.
Im ersten Verfahren X ZR 53/21 hat das Amtsgericht München (Urt. v. 08.12.2020, Az. 243 C 10984/20) die Beklagte antragsgemäß zur Rückzahlung von 1.537 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 255,85 € verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht München I (Urt. v. 22.06.2021, Az. 13 S 669/21) den zu zahlenden Betrag auf 14,50 € zuzüglich vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 83,54 € reduziert und die weitergehende Klage abgewiesen. Zu Begründung hat es ausgeführt, im Zeitpunkt des Rücktritts habe man noch nicht vom Vorliegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände ausgehen können, die gemäß § 651h Abs. 3 BGB zu einem Ausschluss des Entschädigungsanspruchs führen. Das Einreiseverbot dürfe nicht berücksichtigt werden, weil es erst nach dem Rücktritt erlassen worden sei.
Der BGH hat dieses Verfahren mit Beschluss vom 02.08.2022 (RRa 2022, 278) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob nur diejenigen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände maßgeblich sind, die im Zeitpunkt des Rücktritts bereits aufgetreten sind, oder ob auch Umstände zu berücksichtigen sind, die nach dem Rücktritt, aber noch vor dem geplanten Beginn der Reise tatsächlich aufgetreten sind (s. Pressemitteilung Nr. 118/2022).
Im zweiten Verfahren X ZR 3/22 hatte die Klage vom dem Amtsgericht Hersbruck (Urt. v. 21.05.2021, Az. 1 C 804/20) Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urt. v- 17.12.2021, Az. 5 S 3127/20) die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Amts- und Landgericht haben offengelassen, ob die Voraussetzungen von § 651h Abs. 3 BGB bereits im Zeitpunkt des Rücktritts vorlagen, und einen Rückzahlungsanspruch schon aufgrund der später erfolgten Absage der Reise bejaht.
Dieses Verfahren hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30. August 2022 in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO bis zur Entscheidung des EuGH im ersten Verfahren ausgesetzt (s. Pressemitteilung Nr. 128/22).
Im dritten Verfahren X ZR 55/22 waren die Kläger vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst (Urt. v. 05.11.2021, Az. 385 C 459/20 (70)) erfolgreich. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 28.04.2022, Az. 2 - 24 S 240/21) die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Auch in diesem Verfahren hatten Amts- und Landgericht offengelassen, ob die Voraussetzungen von § 651h Abs. 3 BGB schon im Zeitpunkt des Rücktritts vorlagen.
Der EuGH hat mit Urteil vom 29.02.2024 (C-584/22, RRa 2024, 62 - Kiwi Tours) entschieden, dass nach der für die unionsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Regelung in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2015/2302 (Pauschalreiserichtlinie) nur die Situation zu berücksichtigen ist, die im Zeitpunkt des Rücktritts bestand.
Der unter anderem für das Pauschalreiserecht zuständige X. Zivilsenat des BGH hat nunmehr in allen drei Fällen das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Aufgrund der Vorabentscheidung des EuGH dürfen weder das Einreiseverbot noch die Absage der Reise bei der Beurteilung berücksichtigt werden, weil diese Ereignisse erst nach dem Zeitpunkt des Rücktritts stattgefunden haben.
In allen drei Verfahren hat das Landgericht nach der Zurückverweisung die Frage zu beurteilen, ob bereits im Zeitpunkt des Rücktritts die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB bestand. Der Bundesgerichtshof kann über diese Frage nicht abschließend entscheiden, weil es an hierfür maßgeblichen tatrichterlichen Feststellungen fehlt.
Im zweiten und im dritten Verfahren hat das Landgericht diese nunmehr entscheidungserhebliche Frage - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht behandelt.
Im ersten Verfahren ist das Landgericht zwar zu dem Ergebnis gelangt, im Zeitpunkt des Rücktritts sei noch nicht vom Vorliegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände auszugehen gewesen. Wie der Bundesgerichtshof bereits in seiner Vorlageentscheidung vom 02.08.2022 ausgeführt hat, ist diese Beurteilung jedoch rechtsfehlerhaft.
Die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung darf nicht allein deshalb verneint werden, weil es im Zeitpunkt des Rücktritts noch nicht zu einer erheblichen Zahl von Infektionen in Japan gekommen war und die dort getroffenen Maßnahmen vor allem der Verhinderung von Infektionen gedient haben. Das Berufungsgericht hätte sich vielmehr mit der Frage befassen müssen, ob die ungewöhnliche Art und Anzahl dieser Maßnahmen schon damals hinreichende Anhaltspunkte dafür begründeten, dass eine erhebliche Infektionsgefahr bestand, und nicht sicher war, ob die getroffenen Maßnahmen ausreichen würden, um diese Gefahr abzuwenden. Diese Frage wird es nach der Zurückverweisung zu klären haben.
Im dritten Verfahren hat der Bundesgerichtshof ergänzend entschieden, dass die Kläger nicht schon dann zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sind, wenn sie zunächst keine Gründe für ihren Rücktritt angegeben haben. Maßgeblich ist allein, ob im Zeitpunkt des Rücktritts tatsächlich unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch(BGB)
§ 651h Rücktritt vor ReisebeginnAuszug aus der Richtlinie (EU) 2015/2302 (Pauschalreiserichtlinie)
Quelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 015/2025 vom 28.01.2025
Druckansicht weniger Information07.01.2025
Das Oberlandesgericht Dresden hat heute entschieden, dass es unzulässig ist, Verbrauchern für Mahnungen systematisch pauschale Mahnkosten in Rechnung zu stellen, ohne eine vertragliche Vereinbarung über eine solche Mahnkostenpauschale getroffen zu haben. Eine Mahnkostenpauschale in der verlangten Höhe von 3,50 € könnte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber auch gar nicht vertraglich vereinbart werden, weil dieser Betrag die gewöhnlichen Mahnkosten übersteigt (Urt. v. 07.01.2025, Az. 14 UKl 2/24).
Der Kläger, der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die Liste der qualifizierten Verbraucherverbände gemäß § 4 UKlaG aufgenommen ist. Zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers gehört es, Interessen der Verbraucher insbesondere durch die Unterbindung von Verstößen gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltend zu machen. Die Beklagte PVS Sachsen GmbH besorgt als ärztliche Gemeinschaftseinrichtung im Gesundheitswesen die Abrechnung privatärztlicher Leistungen.
Die Beklagte erstellt namens und im Auftrag des medizinischen Leistungserbringers nach der Behandlung eines Privatpatienten die Rechnung und versendet sie an den Privatpatienten mit der Aufforderung zur Zahlung des berechneten Betrages. Zahlt der Privatpatient nicht binnen der ihm gesetzten Zahlungsfrist, mahnt die Beklagte den Privatpatienten namens und im Auftrag des medizinischen Leistungserbringers an. Die Beklagte hat ihre Rechnungssoftware so eingestellt, dass beim Erstellen eines Mahnschreibens der Forderungsbetrag aus der ursprünglichen Rechnung um 3,50 € erhöht und sodann nur noch der erhöhte Betrag mit dem Zusatz „inklusive 3,50 € Mahngebühren“ ausgewiesen wird.
Der Kläger beanstandet, dass der Beklagten ohne Vereinbarung keine Pauschale zustehe, wie sie diese über ihre Rechnungssoftware unter Verstoß gegen das Umgehungsverbot nach § 306a BGB verlange. Es fehle ein Hinweis auf die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren Schadens, § 309 Nr. 5b BGB. Zudem sei die Pauschale mit 3,50 € höher als der Durchschnittsschaden, der sich höchstens auf 0,90 € belaufe, § 309 Nr. 5a BGB.
Das Oberlandesgericht Dresden hat gem. § 6 Abs. 1 S. 1 UKlaG in erster Instanz entschieden.
Update 01.03.2025: Die Beklagte PVS Sachsen GmbH hat kein Rechtsmittel einglegt. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Der unter anderem für Klagen nach dem UKlaG zuständige 14. Zivilsenat des OLG Dresden gab der Klage des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. in allen Punkten statt.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 1 UKlaG in Verbindung mit §§ 306a, 309 Nr. 5 a, b BGB zu.
1. Das OLG Dresden hat entschieden, dass die Beklagte mit Ihrer Vorgehensweise zunächst die Regelung des § 309 Nr. 5b BGB* umgeht.
a) Der Kläger kann als anspruchsberechtigte Stelle gemäß §§ 3, 4 UKlaG aus § 1 UKlaG auch dann vorgehen, wenn er die Umgehung einer als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksamen Regelung im Sinne des § 306a BGB geltend macht (siehe BGHZ 162, 294). § 306a BGB stellt die Umgehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch anderweitige Gestaltungen der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen materiell gleich. Daraus folgt, dass der dem Wortlaut nach auf die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gemäß §§ 307 bis 309 BGB gerichtete Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG auch die Umgehung gemäß § 306a BGB erfasst. Da es für die betreffenden Kunden hier um geringe Beträge geht, die in der Regel nicht zur gerichtlichen Überprüfung im Einzelfall gestellt werden, ist das abstrakte Kontrollverfahren nach § 1 UKlaG auch ein effektives Kontrollinstrument.
Die Beklagte umgeht mit ihrer Handhabung die untersagte Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen bezüglich eines pauschalierten Schadenersatzes für Mahnschreiben. Da sie durch entsprechende Programmierung ihrer Rechnungssoftware systematisch in Mahnfällen von ihren Kunden Kosten (hier: 3,50 €) verlangt, handelt es sich um eine andere Gestaltung im Sinne von § 306a BGB, die dem gesetzlichen Verbot entgeht. Ausschlaggebend für die Anwendung des § 306a BGB ist eine wirtschaftlich wirkungsgleiche Praxis, die ebenso effizient wie die Pauschalierung von Schadensersatz in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deren typischen Rationalisierungseffekt hat. Dies ist hier bei der systematischen Inrechnungstellung der pauschalisierten Mahnkosten von 3,50 € der Fall, da sich der Verbraucher in aller Regel gegen die Inanspruchnahme dieser Beträge nicht wehren wird, auch wenn er feststellt, dass sie vertraglich mangels Einbeziehung in die AGB nicht geschuldet sind. Damit erreicht die Beklagte dasselbe Ergebnis, wie wenn sie diese Beträge in ihren AGB vereinbart hätte.
b) Die Inanspruchnahme der Verbraucher mit pauschalisierten Mahnkosten in Höhe von 3,50 € verstößt gegen § 309 Nr. 5b BGB, da dem Verbraucher dabei unstreitig nicht die Möglichkeit eingeräumt wird, einen geringeren als den geltend gemachten Schaden einzuwenden.
Die Beklagte umgeht aber auch die Regelung des § 309 Nr. 5a BGB.
Nach § 309 Nr. 5a BGB darf die verlangte Pauschale den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen. Hierfür sind branchenunabhängig nur Material- und Portokosten einzurechnen (BGH MDR 2019, 1118). Nicht ersatzfähig sind dagegen Arbeits- und Zeitaufwand für die Abwicklung des (Verzugs-)Schadensersatzanspruchs.
Die Beweislast, dass ihre Pauschale dem typischen Schadensumfang entspricht, trägt die Beklagte (BGH MDR 2019, 1118). Insoweit kommt es nicht darauf an, welche Kosten die Beklagte einbeziehen könnte, wenn sie diese wie hier nicht angeführt hat. Einen durch eine Mahnung verursachten branchentypischen oder individuellen Durchschnittsschaden in Höhe von 3,50 € hat die Beklagte nicht dargetan. Die durch sie von dem Verbraucher verlangten oder in der Branche üblichen Kosten hat sie der Höhe nach nicht begründet. Der Verweis auf das ansteigende Briefporto und das Porto von derzeit 1,00 € für den Kompaktbrief sowie auf Schadenspauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB im Geschäftsverkehr zu einem Schuldner, der gerade nicht Verbraucher ist, führen nicht weiter. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder Inkassobüros mögen zu einem höheren Schaden im konkreten Fall führen, sind aber für die generelle Pauschale unergiebig. Eine Erstattungsfähigkeit dieser Kosten ergibt sich auch nicht ausnahmsweise aus dem zur Durchführung des Mahnverfahrens betriebenen Aufwand (BGH MDR 2019, 1118). Die dort gemachten Ausführungen zu einem Unternehmen der Daseinsvorsorge lassen sich auch auf die Branche übertragen, in der die Beklagte tätig ist. Verzugszinsen hat die Beklagte nicht angeführt und nicht konkret in den Betrag einbezogen, den sie auch nur als „Mahngebühr“, nicht als Verzugsschaden bezeichnet.
Wurden auch Sie von der PVS Sachsen GmbH zur Zahlung einer Mahnkostenpauschale aufgefordert? Haben Sie die Pauschale schon gezahlt und überlegen nun, wie Sie Ihr Geld zurückbekommen können? In unserem Online-Rechtsberatungsforum beraten wir Sie gern. Außerdem halten wir auf unserer Download-Seite ein Musterschreiben bereit, mit dem Sie zu Unrecht gezahlte Pauschalen von der PVS Sachsen GmbH zurückfordern können.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
* § 306a UmgehungsverbotQuelle: Urteilsabdruck
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