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15.10.2025

Haftung des Vermieters einer Eigentumswohnung für die Folgen des Sturzes eines Mieters bei Eisglätte auf dem gemeinschaftlichen Grundstück der Wohnungseigentümer

Der BGH hat heute hat entschieden, dass ein Vermieter, der zugleich Wohnungseigentümer ist, grundsätzlich für Schäden haftet, die ein Mieter durch einen Sturz bei Eisglätte unter Verletzung der Räum- und Streupflicht auf einem Weg erlitten hat, der sich auf dem im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer stehenden Grundstück befindet (Urt. v. 15.10.2025, Az. VIII ZR 250/23).

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Mieterin einer Eigentumswohnung der Beklagten in einem Mehrfamilienhaus in Solms. Für Gehwege auf dem Grundstück nimmt eine GmbH, die einen professionellen Hausmeisterdienst betreibt, im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft den Winterdienst wahr. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts stürzte die Klägerin beim Verlassen des Hauses an einem Morgen im Januar 2017 auf dem zum Haus führenden Weg, der nicht vom Eis befreit war, obwohl zuvor Glatteis im Rahmen der Wettervorhersagen angekündigt worden war. Dabei zog sich die Klägerin nach dem Ergebnis der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme erhebliche Verletzungen zu, aufgrund derer sie sich langwierigen Folgebehandlungen unterziehen musste.

Verfahrensgang:

Das Amtsgericht Wetzlar (Urt. v. 16.02.2023, Az. 35 C 158/21) hat der unter anderem auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gerichteten Klage in Höhe von 12.000 € nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Limburg a.d. Lahn (Urt. v. 06.10.2023, Az. 3 S 32/23) die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat gemeint, die Übertragung der Räum- und Streupflicht im Winter von der Wohnungseigentümergemeinschaft auf einen professionellen Hausmeisterdienst führe dazu, dass eine Haftung der beklagten Vermieterin nur noch in Betracht komme, wenn Überwachungs- und Kontrollpflichten in Bezug auf das ausführende Unternehmen verletzt worden seien, wofür im Streitfall nichts ersichtlich sei.

Mit der Revision verfolgt der Musterkläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel sowie die Feststellungsziele III. 1. c), III. 1. d), III. 3. d) und III. 6. a) weiter, soweit das Vorgericht zu seinem Nachteil erkannt hat. Er begehrt einen einheitlichen Referenzzins für den gesamten Zeitraum. Die Musterbeklagte verfolgt mit der Revision ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Feststellungsziele III. 1. d), III. 7. und III. 10. b) weiter und beanstandet die vom Vorgericht vorgenommene Bestimmung des Referenzzinses für die im Zeitraum von September 1993 bis zum Jahr 2020 geschlossenen Sparverträge.

Die Entscheidung des BGH:

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend in den Blick genommen, dass die Beklagte aus dem Mietvertrag heraus verpflichtet ist, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege in den Wintermonaten zu räumen und zu streuen. Diese mietvertragliche Nebenpflicht besteht, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, auch dann, wenn der Vermieter - hier die Beklagte - nicht (Allein-)Eigentümer des Grundstücks, sondern Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts führte zu einem unterschiedlichen Schutzniveau innerhalb des Wohnraummietrechts, das sachlich nicht gerechtfertigt ist und für das es auch keine rechtsdogmatische Grundlage gibt.

Nach den bislang getroffenen Feststellungen haben die Parteien im Streitfall auch keine von dieser grundsätzlichen Verteilung der Vertragspflichten abweichende Vereinbarung getroffen. Insbesondere lässt sich dem Mietvertrag eine eindeutige Regelung dahingehend nicht entnehmen, dass die Räum- und Streupflicht der Klägerin oblegen hätte und sie deshalb im Haftungsfall keine vertraglichen Ansprüche gegen die Beklagte als Vermieterin geltend machen könnte.

Zur Erfüllung der die Beklagte demnach hinsichtlich der Beseitigung von Eis und Schnee treffenden vertraglichen Nebenpflichten konnte die Beklagte sich der GmbH, die den Winterdienst im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft ausführte, als sogenannter Erfüllungsgehilfin bedienen. Dies hat zur Folge, dass die Beklagte für deren Verschulden wie für eigenes Verschulden rechtlich einzustehen hat.

Der VIII. Zivilsenat hat daher das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen treffen kann.


Quelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 187/2025 vom 15.10.2025

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