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15.05.2018

Bundesgerichtshof zur Erstattung eines dem Luftverkehrsunternehmen wegen fehlenden Visums auferlegten Bußgelds

Wird einem Luftverkehrsunternehmen ein Bußgeld auferlegt, weil ein Fluggast nicht über ein zur Einreise in das Zielland erforderliche Visum verfügt, kann das Luftverkehrsunternehmen nur einen Teil des Bußgelds vom Fluggast ersetzt verlangen, wenn es die Einreisepapiere des Fluggastes vor dem Abflug nicht kontrolliert hat (Urt. v. 15.05.2018, Az. X ZR 79/17).

Zum Sachverhalt:

Das klagende Luftverkehrsunternehmen nimmt den beklagten Fluggast auf Erstattung eines von den indischen Behörden verhängten Bußgelds in Anspruch.

Der Beklagte buchte im Frühjahr 2015 über die Internetseite der Klägerin einen Flug nach Indien. Da er bei seiner Ankunft in Indien nicht über das für die Einreise erforderliche Visum verfügte, verhängten die indischen Behörden gegen die Klägerin ein Bußgeld in Höhe von 100.000 Rupien (zum Zahlungszeitpunkt umgerechnet etwa 1.415 €). Hierfür verlangt sie vom Beklagten Ersatz.

Verfahrensgang:

Das Amtsgericht Hannover (Urt. v. 16.08.2016, Az. 542 C 2724/16) hat den Beklagten zur Zahlung verurteilt und die Klage nur wegen eines zusätzlich eingeklagten Bearbeitungsentgelts von 50 € nebst Zinsen abgewiesen. Die Berufung des Beklagten hatte vor dem Landgericht Hannover (Urt. v. 20.07.2017, Az. 8 S 71/16) keinen Erfolg. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung des BGH:

Nach dem Urteil des für Reiserecht zuständigen X. Zivilsenats des BGH ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass den Beklagten die vertragliche Nebenpflicht getroffen hat, den Flug nicht ohne die für eine Einreise nach Indien erforderlichen Dokumente, insbesondere nicht ohne das erforderliche Visum anzutreten.

Allerdings hat das Berufungsgericht unzutreffend angenommen, ein Mitverschulden der Klägerin bei der Entstehung des Schadens komme nicht in Betracht, weil diese dem Beklagten gegenüber nicht zur Kontrolle seiner Einreisedokumente verpflichtet gewesen sei. Die Annahme eines Mitverschuldens (§ 254 BGB) setzt keine Rechtspflichtverletzung voraus. Vielmehr genügt eine zurechenbare Mitwirkung bei der Schadensentstehung in Form eines Verstoßes gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung. Eine solche Mitverursachung kommt im Streitfall in Betracht. Die indischen Behörden haben der Klägerin das Bußgeld auferlegt, weil diese gegen ihre eigene rechtliche Verpflichtung verstoßen hatte, keinen Fluggast ohne das für eine Einreise nach Indien erforderliche Visum zu befördern. Die Klägerin war vor diesem Hintergrund im eigenen Interesse gehalten, vor dem Abflug in geeigneter Weise zu überprüfen, ob sich der Beklagte im Besitz der notwendigen Dokumente befindet. Der Mitverschuldenseinwand ist durch ihre Beförderungsbedingungen, die nur die Pflicht des Fluggastes zur Mitführung der notwendigen Reisedokumente wiedergeben, nicht ausgeschlossen. Da das Berufungsgericht zu Art und Schwere der wechselseitigen Ursachenbeiträge bislang keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif.

 

Quelle: Pressemittelung des BGH, Nr. 90/2018

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