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28.05.2014

Rücklastschriftgebühr von 1 & 1 i.H.v. 12,00 € ist unzulässig

Das Oberlandesgericht Koblenz hat die Berufung der 1 & 1 Internet AG und der 1 & 1 Telecom GmbH gegen die Verurteilung zur Unterlassung der Verwendung einer AGB-Klausel durch das Landgericht Koblenz zurückgewiesen, wonach die Unternehmen von ihren Kunden im Falle einer Rücklastschrift eine Pauschale i.H.v. 12,00 € erheben durften (Beschl. v. 28.05.2014, Az. 2 U 246 / 13).

Zum Sachverhalt:

Die Beklagten bieten unter anderem Mobilfunk- und Internetdienstleistungen an. Auf einer über die Internetseite der Beklagten zu 1 zugänglichen Subdomain der Beklagten zu 2 waren im Jahre 2012 "Allgemeine Geschäftsbedingungen 1&1" eingestellt, die folgende Präambel enthielten:

Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen der 1&1 Telecom GmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der 1&1 Internet AG, Elgendorfer Str. 57, 56410 Montabaur (nachfolgend 1&1 genannt), regeln das Vertragsverhältnis zwischen 1&1 und dem Kunden.

Außerdem enthielten diese AGB unter Ziffer 3.9 folgende Klausel :

Die Zahlung der Entgelte kann ausschließlich durch Lastschrifteinzug erfolgen. Der Kunde ermächtigt 1&1, anfallende Entgelte über sein angegebenes Konto einzuziehen. Bei Rücklastschriften, die der Kunde zu vertreten hat, berechnet 1&1 eine Bearbeitungsgebühr gemäß der jeweils aktuellen Preisliste pro Lastschrift, es sei denn, der Kunde weist nach, dass ein Schaden überhaupt nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist.

Die damalige "Preisliste 1&1 Mobilfunk" enthielt unter Ziffer 9 folgenden Eintrag:

Zusätzliche Dienstleistungen und Sonstiges: [...] Rücklastschriftgebühr 12,00 €.

Der Kläger mahnte die Beklagte zu 1 im März 2012 wegen der Klausel ab. Er vertrat die Auffassung, dass die Klausel wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 5a BGB* unwirksam sei, weil die Pauschale den der Beklagten zu 1 im Falle einer Rücklastschrift durchschnittlich anfallenden Schaden erheblich übersteige. Die Beklagte zu 1 weigerte sich jedoch, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, so dass der Kläger Unterlassungsklage erhob. Im Laufe des Rechtsstreits behauptete die Beklagte zu 1, dass die Klausel nicht von ihr, sondern von der Beklagten zu 2, der für die Vertragsabwicklung mit den Kunden zuständigen Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1, verwendet werde. Daraufhin erweiterte der Kläger seinen Antrag, indem er die Unterlassungsklage nun auch gegen die Beklagte zu 2 richtete.

Verfahrensgang:

Das Landgericht Koblenz hat der Klage stattgegeben (Urt. v. 28.01.2013, Az. 5 O 150/12). Die gegen das Urteil gerichtete Berufung der Beklagten zum Oberlandesgericht Koblenz hatte keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz:

Das Oberlandesgericht Koblenz wies die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO** durch einstimmigen Beschluss zurück, weil es davon überzeugt war, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat.

Das Landgericht hatte antragsgemäß neben der Beklagten zu 1 auch die Beklagte zu 2 als Verwenderin der streitgegenständlichen Klausel zur Unterlassungs verurteilt. Es hatte dazu auf den Wortlaut der Präambel der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen 1&1" abgestellt, aus der weder für den verständigen Verbraucher noch für einen Volljuristen gemäß §§ 133, 157 BGB*** eindeutig erkennbar gewesen sei, ob die Beklagte zu 1 oder die Beklagte zu 2 Vertragspartner des Kunden und Verwenderin der AGB ist. Hinzu kam nach Auffassung des Landgerichts, dass die AGB auf einer über die Internetseite der Beklagten zu 1 erreichbaren Subdomain der Beklagten zu 2 eingestellt sind und beide Firmen unter der gemeinsamen Firmenbezeichnung "1&1" im Geschäftsverkehr auftreten. Das Oberlandesgericht Koblenz schloss sich der Auffassung des Landgerichts in beidnen Punkten an. Jedenfalls wenn AGB einer 100-%igen Tochtergesellschaft über eine Subdomain der Internetpräsenz der Muttergesellschaft abrufbar sind, könne auch die Muttergesellschaft als Verwenderin i.S.d. § 1 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden

Als Pauschalierung eines Schadensersatzanspruchs verstieß die Klausel nach Auffassung des Landgerichts gegen § 309 Nr. 5a BGB. Auch dieser Auffassung schloss sich das OLG an. Im Klauselprozess über die Wirksamkeit einer Schadenspauschalierungsklausel nach § 309 Nr. 5a BGB treffe den Verwender der Klausel jedenfalls dann die Vortrags- und Beweislast zur Höhe des gewöhnlichen Schadens, wenn der Anspruchsteller zur mutmaßlichen Schadenshöhe substanttiert vorgetragen hat. Der Verwender müsse dem Vortrag des Klägers durch die konkrete Darstellung jener Kosten entgegen treten, die entweder ihm selbst oder allgemein Unternehmen vergleichbarer Größenordnung anfallen. Andernfalls gilt der Vortrag des Klägers als zugestanden. Nach diesem Maßstab sind die Beklagten dem substantiierten Vortrag des Klägers, wonach die gewöhnlichen Rücklastschriftkosten unter 12,00 € liegen, nicht hinreichend entgegen getreten. Personal-, Büro- und Ausstattungskosten sind – so das OLG Koblenz – ohnehin nicht als Rücklastschriftschaden erstattungsfähig.

Rat und Tat für Sie

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Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

*** § 133 Auslegung einer Willenserklärung
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

*** § 157 Auslegung von Verträgen
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

* § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)
die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;


Auszug aus der Zivilprozessordnung (ZPO)

** § 522 Zulässigkeitsprüfung, Zurückweisungsbeschluss

(2) 1Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

2Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 3Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. 4Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.


Quelle: Entscheidungsabdruck

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