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08.09.2014

Landgericht Leipzig verurteilt Betreiberin der Flug­preis­suchmaschine fluege.de zur Unterlassung irre­führend verkürzter Flug­preis­angaben

Das Landgericht Leipzig (LG Leipzig) hat heute entschieden, dass die Betreiberin der Flugpreissuchmaschine fluege.de in die auf der Trefferliste angezeigten Flugpreise auch solche Nebenkosten einberechnen muss, die der Nutzer der Internetseite bei einer Buchung des Fluges nur durch Verwendung eines nicht allgemein gebräuchlichen Zahlungsmittels (z.B. "fluege.de MasterCard Gold") vermeiden kann (Urt. v. 08.09.2014, Az. 05 O 1977/14).

Zum Sachverhalt:

Die Antragsgegnerin betreibt u.a. eine sog. "Flugpreissuchmaschine" unter der Internetadresse www.fluege.de. Dem Nutzer dieses Portals wird nach Eingabe des gewünschten Start- und Zielorts sowie des gewünschten Flugdatums eine Trefferliste möglicher Flugverbindungen verschiedener Fluggesellschaften mit den jeweiligen Preisen angezeigt. Die Preise waren mit einem Sternchen versehen. Über der Liste wurde das Sternchen mit dem Text "* Die folgende Liste zeigt von den Airlines übermittelte Ticketpreise. Bedingt durch Zusatzprodukte und Zahlungsart können weitere Gebühren hinzukommen. Diese werden während des Buchungsvorganges zum Ticketpreis hinzugefügt und vor der Buchung ausgewiesen." erläutert. Der Nutzer kann aus der Liste einen Flug auswählen und sodann buchen. Jedenfalls bis August 2014 erfuhr der Nutzer, abgesehen von dem Sterchen-Hinweis, erst am Beginn des Buchungsvorgangs auf der nächsten Dialogseite, dass er den Flug auf www.fluege.de nur bei Verwendung der "fluege.de MasterCard Gold" oder der "Visa Electron" als Zahlungsmittel zu dem ihm in der Trefferliste angezeigten Preis buchen kann. Bei allen anderen in dem Portal angebotenen Zahlungsmitteln wie "Lastschrift", "American Express", "Mastercard" und "Visacard" erhöhte sich der vom Nutzer des Portals zu zahlende Gesamtflugpreis in diesem Buchungsschritt zum Teil um 23,99 € (Lastschrift) bis 39,99 € (Kreditkarten).

Der Antragsteller sah in dieser Art des Angebots von Flügen u.a. eine unzulässige Irreführung des Verbrauchers. Der gewöhnliche Nutzer des Internetportals fluege.de verfüge nicht über eine "fluege.de MasterCard Gold" oder eine "Visa Electron". Er könne daher nur zu den höheren Preisen, z.B. dem Preis bei Nutzung des Lastschriftverfahrens, buchen. Die von ihm letztlich zu zahlenden, höheren Endpreise erfahre er aber erst, wenn er bereits mit dem Buchungsvorgang begonnen habe. Außerdem beanstandete der Antragsteller, dass die Antragsgegnerin Verbrauchern keine gängige und zumutbare Zahlungsart ohne Zusatzkosten anbiete. Weder die "fluege.de MasterCard Gold" noch die "Visa Electron" seien in Deutschland gängige und zumutbare Zahlungsmittel.

Verfahrensgang:

Der Anstragsteller beantragte beim Landgericht Leipzig den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Gericht gab dem Antrag durch Urteil vom 08.09.2014 (Az. 05 O 1977/14) in den beiden hier erörterten Punkten statt. Die Entscheidung ist jedoch noch nichts rechtskräftig. Sie kann noch mit der Berufung zum OLG Dresden angegriffen werden. Außerdem handelt es sich nur um eine vorläufige Entscheidung. Wenn die Parteien das Ergebnis des Verfügungsverfahrens nicht akzeptieren wollen, können sie den Rechtsstreit im Hauptsachverfahren fortsetzen.

Die Entscheidung des Landgerichts Leipzig:

Das Landgericht Leipzig untersagte der Antragsgegnerin die Preisauszeichnung in der Trefferliste ohne Einberechnung der Kosten eines gängigen Zahlungsmittels. Nach Art. 23 S. 2 VO (EG) 1008/2008* ist bei Flugpreisauszeichnungen stets der Endpreis einschließlich aller unvermeidbaren Zusatzkosten anzugeben. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei den auf www.fluege.de verlangten Mehrkosten bei Wahl der Zahlungsarten "Lastschrift", "American Express", "Mastercard" und "Visacard" um solche unvermeidbaren Zusatzkosten. Der Nutzer des Portals könne diese Kosten nur vermeiden, indem er mit der "fluege.de MasterCard Gold" oder der "Visa Electron" bezahlt. Bei diesen Zahlungsmitteln handele es sich jedoch um kaum verbreite Zahlungsmittel, über die der gewöhnliche Nutzer des Internetportals nicht verfüge. Die Möglichkeit, den Flug mit diesen Karten zu dem in der Trefferliste angegebenen Preis buchen zu können, müsse daher bei der Anwendung der europäischen Rechtsnorm außer Betracht bleiben. Da der Endpreis stets anzugeben ist, müssten diese Zusatzkosten bereits in die auf der Trefferliste angezeigten Preise einberechnet werden.

Ferner verurteilte das Gericht die Antragsgegnerin, es zu unterlassen, Verbrauchern Angebote zu unterbreiten ohne ihnen wenigsten eine gängige und zumutbare Zahlungsart unentgeltlich anzubieten. Nach dem seit 13.06.2014 geltenden § 312a Abs. 4 BGB** sind Unternehmer verpflichtet, gegenüber Verbrauchern wenigstens eine gängige und zumutbare Zahlungsart unentgeltlich anzubieten. Mit dem Angebot unentgeltlicher Zahlungen mit der "fluege.de MasterCard Gold" und der "Visa Electron" genüge Antragsgegnerin diesen Anforderungen nicht, weil diese Zahlungsmittel wegen ihres geringen Verbreitungsgrads nicht gängig und zumutbar seien.

Anmerkungen:

Die Betreiberin der Flugpreissuchmaschine fluege.de, die Unister GmbH, musste sich schon häufiger mit den Beanstandungen durch Verbraucherschutzverbände auseinandersetzen. Streitgegenstand waren und sind zumeist die Modalitäten der Auszeichnung von "Zusatzgebühren", also zusätzlicher Entgelte, die das Unternehmen von seinen Kunden neben dem Preis der eigentlichen Hauptleistung verlangt. Die Beanstandungen der Verbraucherschützer wenden sich – wie auch in vorliegendem Fall – zumeist dagegen, dass die Erhebung bestimmter zusätzlicher Entgelte entweder ganz unzulässig ist oder aber die Internetseiten der Unister GmbH so gestaltet sind, dass die zusätzlichen Entgelte den potentiellen Vertragspartnern nicht rechtzeit oder nicht ausreichend deutlich angezeigt würden. Jedenfalls in erster Instanz wurde Unister schon mehrfach zur Unterlassung bestimmter Praktiken verurteilt. In zweiter Instanz sollen jedoch noch mehrere Verfahren anhängig sein. Auch vorliegend ist zu erwarten, dass der Rechtsstreit vor dem OLG Dresden fortgesetzt werden muss.


Auszug aus der VERORDNUNG (EG) Nr. 1008/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft

* Artikel 23 Information und Nichtdiskriminierung
(1) Die der Öffentlichkeit zugänglichen Flugpreise und Luftfrachtraten, die in jedweder Form — auch im Internet — für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, auf das der Vertrag Anwendung findet, angeboten oder veröffentlicht werden, schließen die anwendbaren Tarifbedingungen ein. Der zu zahlende Endpreis ist stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Neben dem Endpreis ist mindestens Folgendes auszuweisen:

a)der Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate,
b)die Steuern, L 293/14 DE Amtsblatt der Europäischen Union 31.10.2008
c)die Flughafengebühren und
d)die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mit der Sicherheit oder dem Kraftstoff in Zusammenhang stehen,
soweit die unter den Buchstaben b, c und d genannten Posten dem Flugpreis bzw. der Luftfrachtrate hinzugerechnet wurden. Fakultative Zusatzkosten werden auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf „Opt-in“-Basis.


Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

** § 312a Allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen; Grenzen der Vereinbarung von Entgelten

(4) Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, ist unwirksam, wenn

  1. für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder
  2. das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.


Quelle: Urteilsabdruck

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