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05.06.2013

Deutsche Lufthansa AG darf für Erstattung von Steuern und Gebühren vom Fluggast kein "Bearbeitungsentgelt" verlangen

Das Landgericht Köln hat der Deutschen Lufthansa AG durch Urteil vom heutigen Tage untersagt, gegenüber Verbrauchern eine AGB-Klausel zu verwenden, nach der das Unternehmen für die Erstattung von Steuern und Gebühren nach Stornierung bzw. Nichtantritt eines Fluges an den Fluggast ein "Bearbeitungsentgelt" berechnen durfte (Urt. v. 05.06.2013, Az. 26 O 481/12).

Zum Sachverhalt:

Die beklagte Fluggesellschaft bietet neben Normalpreis-Tickets, die beliebig umbuchbar und stornierbar sind, auch sog. Spartarife, z.B. den Tarif "Economy Saver", an. In den Spartarifen ist die Umbuchung und Stornierung der Tickets weitestgehend ausgeschlossen. Allerdings erstattet die Beklagte ihren Kunden auch in den Spartarifen die im Ticketpreis gesondert ausgewiesenen Steuern und Gebühren, wenn der Gast den Flug nicht antritt. Aufgrund der von ihr verwandten Klausel

"Bei Erstattungen kann ein Bearbeitungsentgelt erhoben werden"

hat die Beklagte Ihren Kunden für die Erstattung von Steuern und Gebühren jedoch ein Bearbeitungsentgelt (in Deutschland i.H.v. 30 € bei Flügen bis zu einem Tarifwert von 150 €) berechnet. In der Praxis blieb damit häufig kaum noch ein Erstattungsbetrag zugunsten des Fluggastes übrig.

Der Kläger nahm die Beklagte im November 2012 wegen der Verwendung der vorstehenden Klausel im Zusammenhang mit der Erstattung von Steuern und Gebühren auf Unterlassung in Anspruch. Er vertrat die Auffassung, dass die Beklagte mit der Erstattung von Steuern und Gebühren im Falle des Nichtantritts eines Fluges keine freiwillige Leistung erbringe, sondern eine ihr obliegende gesetzliche Verpflichtung erfülle. Für die Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen dürfte die Beklagte jedoch kein gesondertes Entgelt verlangen. Deshalb sei die Klausel unwirksam.

Verfahrensgang:

Das Landgericht Köln hat in erster Instanz entschieden (Urt. v. 05.06.2013, Az. 26 O 481/12). Die Beklagte kann noch beim Oberlandesgericht Köln Berufung einlegen. Das Urteil ist vorläufig also noch nicht rechtskräftig.

Die Entscheidung des LG Köln:

Das Landgericht Köln hat die Rechtsauffassung des Klägers bestätigt. Nach Auffassung des Gerichts ist die Gebührenklausel der Beklagten gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB* wegen unangemessener Benachteiligung des Fluggastes unwirksam. Die Beklagte sei im Falle des Nichtantritts eines Fluges gesetzlich verpflichtet, die ihr dann gar nicht anfallenden Steuern und Gebühren an den Fluggast zu erstatten.

Zwar könne die Beklagte die Entgelte für von ihr an den Fluggast zu erbringende Leistungen im Rahmen der Vertragsfreiheit frei bestimmen. Die Höhe der Entgelte für vertragliche Leistungen unterläge insoweit nicht der AGB-rechtlichen Kontrolle. Der Begriff der "Leistung" stehe allerdings nicht zur Disposition der Beklagten. Sie könne zwar für bestimmte Tarife die Stornierbarkeit vertraglich ausschließen. Dies betreffe jedoch nur den Flugpreis selbst. Die Erstattung von Steuern und Gebühren entspreche indes der gesetzlichen Vorgabe nach § 649 S. 1 und 2 BGB*** und könne daher von der Beklagten gerade nicht nach Belieben beschränkt werden.

Im Übrigen Falle der Bearbeitungsaufwand, den die Beklagte mit dem Bearbeitungsentgelt offenbar decken will, nur deshalb an, weil sie den Flugpreis entgegen der gesetzlichen Regelung des § 641 BGB** vom Kunden in Vorleistung verlange. Hätte der Kunde die Vergütung erst im Nachhinein zu zahlen, wäre eine mit zusätzlichen Kosten der Beklagten verbundene Rückabwicklung gar nicht erforderlich. Die Beklagte könnte sich dann sogleich auf die Inrechnungstellung der reinen Flugkosten ohne Steuern und Gebühren beschränken. Wenn die Beklagte hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten zu Lasten der Fluggäste von der gesetzlichen Regelung abweicht, sei es aber unangemessen, die Fluggäste auch noch mit den durch die Abweichung erfolgten Mehrkosten der Beklagten zu belasten.

Fazit:

Inhaltlich identische Entscheidungen sind bereits vor einiger Zeit gegen die Lufthansa Tochter Germanwings (LG Köln, Urt. v. 28.10.2010, Az. 31 O 76/10) und gegen Airberlin (LG Berlin, Urt. v. 29.11.2011, Az. 15 O 395/10, wahrscheinlich noch nicht rechtskräftig) ergangen. Die vorliegende Entscheidung bestätigt diese Rechtsprechung und könnte, wenn sie rechtskräftig wird, erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung der "Billigtarife" von Fluggesellschaften haben.

Bisher werben die Fluggesellschaften für solche Tarife mit extrem niedrigen Preisen. Teilweise wird das reine Beförderungsentgelt mit nur 1 € angegeben. Hinzu kommen dann natürlich die extra ausgewiesenen Steuern und Gebühren, die dann ein Vielfaches des genannten Flugpreises ausmachen. Trat der Fluggast den Flug indes nicht an, fallen die meisten Steuern und Gebühren der Fluggesellschaft gar nicht an, wurden aber durch die hohen Bearbeitungsgebühren für eine Erstattung dieser Beträge von den Fluggeschaften faktisch dennoch als Gewinn einbehalten. Es bleibt wie die Beklagte und die anderen Fluggesellschaften mit diesem Urteil umgehen.

Fluggästen kann bis auf Weiteres nur empfohlen werden, im Falle des Nichtantritts eines Fluges in einem vertraglich nicht stornierbaren Tarif auf der ungekürzten Erstattung jedenfalls von Steuern und Gebühren zu bestehen. Sobald bekannt ist, ob die Beklagte gegen das Urteil des LG Köln Berufung eingelegt hat oder das Urteil rechtskräftig geworden ist, werden wir darüber informieren.


Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

* § 307 Inhaltskontrolle
(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. 2Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.


** § 641 Fälligkeit der Vergütung
(1) 1Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. 2Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.


*** § 649 Kündigungsrecht des Bestellers
1Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. 2Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. 3Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.


Quelle: Urteilsabdruck

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